Beobachtungstipp im Februar 2006

Das kalte Licht des Mondes taucht die schneebedeckte Winterlandschaft in eine stimmungsvolle Atmosphäre. Die Wintersternbilder mit ihren hellen Sternen dominieren das nächtliche Firmament. Tief im Süden funkelt der hellste Stern des Himmels in allen Farben. Im Teleskop sprühen farbige Lichtfunken, als betrachte man eine Wunderkerze. Der helle Stern ist Sirius, der "Hundsstern". Sirius ist wohl der bekannteste Stern nach dem Nordstern Polaris, der im Übrigen von den wenigsten Mitmenschen aufgefunden wird.

Die Faszination, die der Stern heute noch bei den Menschen auslöst, findet sich in vielen Kulturen wieder. Die Ägypter verehrten Sirius vor 4.000 Jahren, da sein Erscheinen nach der „Sommerpause“ die Regenzeit und die damit verbundene Nilüberflutung ankündigte. Das war ein wichtiger Termin für die Landwirtschaft. Der Hundsstern erschien damals nämlich Ende Juni.

Das gemeinsame Auftreten von Sonne und Sirius am Taghimmel war aus Sicht der alten Kulturen der Grund für die Hitzeperiode, wenn Sonnenlicht und Siriuslicht vereint waren. Heute redet man noch von den Hundstagen. Während die Ägypter, wohl wegen der besonderen geographischen Begebenheit, Sirius verehrten, sprachen die Römer dem hellen Gestirn unheilvolle Eigenschaften zu. Die alten Römer opferten Hunde um das Unheil abzuwenden. Der Schriftsteller Dante, der wohl kaum Mitglied in einem Hundezüchterverein war, sprach sogar von der Geißel der Hundstage. Die Feuerfunken, die Sirius versprüht, sind eine sehr irdische Erscheinung. Das Licht des Sterns durchwandert in etwa acht Jahren den interstellaren Raum fast ungestört auf schnurgerader Bahn. Die letzten hundert Kilometer bis zu unserem Auge werden dann fast zu einer Odyssee. Das Licht wird in den turbulenten Luftschichten oftmals gebrochen und umgelenkt. Es tanzt förmlich die letzten Kilometer durch die Atmosphäre der Erde.

Das Funkeln der Sterne ist keine Eigenschaft der Sterne, sondern nur ein Effekt der durch die Erdatmosphäre verursacht wird. Sterne sind perfekte punktförmige Lichtquellen, da ihre scheinbaren Durchmesser aufgrund der großen Entfernung sehr gering sind. Sirius, ein sehr heller Stern, der zudem in unseren Breiten nicht sehr hoch am Himmel steht, ist besonders betroffen. Mit dieser Lichtshow lenkt er die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich. An und für sich ist Sirius ein recht normaler Stern. Sein Abstand zu uns beläuft sich auf 8,7 Lichtjahre, womit er der siebtnächste Stern ist. Seine scheinbare Helligkeit beträgt -1.46 Mag. Er ist somit gut viermal heller als Vega, der helle Stern am Sommerhimmel. Seine wahre Leuchtkraft übertrifft die der Sonne um das 22-Fache.

Sein weißes Licht strömt von der 10.000°C heißen Oberfläche ab. Die Astronomen klassifizieren ihn als "A0"-Stern, ein großer Stern, dessen Durchmesser doppelt so groß ist, wie der unserer Sonne. Seine Nähe zur Sonne zeigt sich auch in der großen Eigenbewegung des Sterns. Jedes Jahr verschiebt sich die Position um 1,3" in südwestlicher Richtung. Um die Distanz einer Vollmondbreite am Himmel zurückzulegen, braucht es dennoch etwa 1.400 Jahre. Die Eigenbewegung fiel dem Astromomen Edmond Halley im Jahre 1718 auf, der die Position des Sterns auf alten Sternkarten mit der seiner Zeit verglich. Der deutsche Astronom Friedrich Bessel, der als erster die Eigenbewegung eines Sterns nachwies, untersuchte auch Sirius.

Zehn Jahre lang von 1834 bis 1844 bestimmte der brillante Astronom die Position des Sterns mit größter Präzision. Ihm fiel eine leichte Taumelbewegung auf, die auf einen unsichtbaren Begleiter hätte schließen lassen. Und das bestätigte sich dann auch 18 Jahre später. Der Astronom Alvan Clark richtete im Januar 1862 den 18-zölligen Refraktor des "Dearborn-Observatory's" in Illinois auf Sirius und entdeckte ein kleines Lichtpünktlein, das fast im Lichte des hellen Hauptsterns ertrinkt.

Der kleine Stern 9. Größe stellt an sich keine Herausforderung für ein Amateurteleskop dar. Seine Nähe zu Sirius, dessen Licht 11.000x heller ist, als das des Begleiters, ist das Problem. Dennoch ist es Amateuren auch möglich, diesen Stern zu sehen. Die stark exzentrische Umlaufbahn führt die beiden Sterne auf drei Bogensekunden aneinander heran. Im Apastron wächst die scheinbare Distanz auf 11,5 Bogensekunden heran. Sirius B, so nennt man den kleinen Stern neben Sirius, benötigt knapp 50 Jahre, um seinen großen Begleiter zu umkreisen. Genau genommen umkreisen beide Sterne einen gemeinsamen Schwerpunkt. Die größte Distanz zueinander hatten die beiden Sterne im Jahre 1975. Im Jahr 2025 erreichen Sirius A und Sirius B wieder die Apastronstellung und zahlreiche Amateurteleskope werden sich ihre Beugungsringe daran ausbeißen. Für die Beobachtung von Sirius B eignen sich besonders Linsenteleskope, da bereits die Fangspiegelstreben der Spiegelteleskope das helle Licht des Sirius A zu sehr beugen. Eine ruhige Atmosphäre, also bestes Seeing, sind ebenfalls eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Beobachtung.

Um Sirius B ranken sich viele Mythen und Rätsel. Zunächst gab die Entdeckung des Sterns der Wissenschaft einige Rätsel auf. Die spektroskopische Untersuchung ergab eine Oberflächentemperatur für Sirius B von etwa 9.000°C. Sirius B war also kaum kühler als Sirius A. Mit der Bestimmung der Bahn der beiden Sterne umeinander, war es auch möglich, die Masse von Sirius B zu errechnen. Sirius B konnte eine Sonnenmasse zugesprochen werden. Den Astronomen wurde schnell klar, dass dieses Objekt kein gewöhnlicher Stern sein konnte. Ein 9.000°C heißer Stern mit einer Sonnenmasse, dessen Helligkeit um das 11.000-Fache schwächer ist, als dessen Begleiter, der nur doppelt so schwer ist.

Sirius B ist ein "Weißer Zwerg", bestehend aus jener Asche, die ein sterbender Stern hinterlässt, der vormals sonnenähnlicher Natur war. Der "Weiße Zwerg" ist etwas größer als die Erde bei einer Dichte, die die der Erde um das 350.000-Fache übertrifft! Der "Weiße Zwerg" des Siriussystems gehört zu den ersten seiner Art, die entdeckt wurden und zählt auch zu den Außergewöhnlichsten. "Weiße Zwerge" sind Endstadien sonnenähnlicher Sterne. Diese Sterne besitzen eine sehr lange Lebensdauer von einigen Milliarden Jahren. Sterne, die wie Sirius sehr leuchtkräftig sind, ist keine lange Lebensdauer beschieden. Davon ausgehend, dass Sirius A und B gleichzeitig entstanden sind und somit gleich alt sein sollten, ist es rätselhaft, weshalb der kleinere Stern bereits ausgebrannt ist, während der große Stern noch einige Jahre leuchten wird. Die Erklärung könnte ein Massentransfer zwischen den beiden Sternen liefern. Allerdings ist der Abstand der beiden Sterne zueinander viel zu groß. Dieses bisher ungeklärte Paradoxon beobachtet man bei anderen massereichen Sternen, die von einem "Weißen Zwerg" umkreist werden, ebenfalls. Prokyon gehört beispielsweise auch dazu.

Noch rätselhafter sind die Aussagen altgriechischer Beobachter wie Ptolemäus, Cicero oder Homer, die Sirius als roten Stern beschreiben. "Roter Stern" ist für einen Stern der Spektralklasse "A0" sehr ungewöhnlich. Was war da los? Eine gute Lösung für dieses Problem gibt es nicht. Die Spekulationen gehen von der Rötung der Sterne beim Untergang eines Gestirns bis hin zu physikalischen Reaktionen im Siriussystem aus. Wobei letzteres genauer untersucht wurde.

Theoretisch wäre es möglich, dass die rote Färbung des Siriussystems durch einen Massenaustausch zwischen Sirius A und Sirius B in der letzten Lebensphase hervorgerufen worden sein könnte. Allerdings ist es sehr unwahrscheinlich, dass dieser Prozess in den letzten 2.000 Jahren zu Ende gegangen ist, da die letzte Lebensphase eines sonnenähnlichen Sterns, in der er große Teile seiner Gashülle abbläst, mehrere 100.000 Jahre andauert. Das nächste Rätsel, das dann ungelöst ist, ist das des Fehlens eines "Planetarischen Nebels".

Sirius B verlor einen Großteil seiner Masse und nichts ist in der Umgebung auffindbar. Eine alternative Möglichkeit, die die Rötung des Siriuslichtes verursacht haben könnte, wäre kosmischer Staub. Das Siriussystem hätte zeitweise in einer Staubwolke eingehüllt sein können. Beobachtungen konnten das allerdings nicht bestätigen.

Auch die Vermutung, Sirius B war vor 2.000 Jahren ein "roter Riesenstern", wurde diskutiert. Neben dem Argument, dass vor 2.000 Jahren für die Entwicklung eines "Roten Riesen" zum "Weißen Zwerg" doch ein recht kurzer Zeitraum gewesen sein dürfte, gab es noch zu bedenken, dass der hypothetische "rote Riesenstern" immernoch nicht leuchtstark genug sein dürfte, um mit dem hellen Sirius A zu konkurrieren. Viele Wissenschafter zweifeln die Beobachtungen der frühen Astronomen an. Sie vermuten sogar eine andere Farbwahrnehmung der alten Kulturen. Sterne wie Pollux, Capella oder Arkturus wurden ebenfalls als rot oder feuerrot beschrieben. Somit gibt es noch keine zufrieden stellende Antwort auf diese Frage.

Mitte der 70'er Jahre machte das Buch „Das Sirius-Rätsel“ von Robert Temple Schlagzeilen. Temples Buch beschäftigt sich mit den Forschungen der Ethnologen Marcel Griaule und Germaine Dieterlein, die in den 50'ern die Kultur des in Mali beheimateten Volksstamm der "Dogon" untersuchten. Die "Dogon" verfügten über fundamentales astronomisches Wissen. Ihnen waren die Monde des Jupiters und die Ringe des Saturns bekannt. Eine besondere Stellung in ihren kultischen, religiösen Handlungen hatte der Stern Sirius. Das wäre nicht weiter ungewöhnlich, Sirius ist nun mal ein heller Stern. Jedoch kannten die "Dogon" den Begleiter des Sirius, der Beobachtern ohne Hilfsmittel verborgen sein sollte. Aber nicht nur, dass die "Dogon" Sirius B kannten. Sie feierten alle 50 Jahre ihr "Sigui-Fest", ein Zeitraum in dem Sirius A und B sich gegenseitig umkreisen. Das ein solches Buch Aufsehen erregte kann man sich vorstellen.

Erich von Däniken sah sich darin bestätigt, dass außerirdische Wesen den frühen Kulturen Besuche abstatteten. Das geheime Wissen der "Dogon" seien Erinnerungen und Reportagen früherer Besuche außerirdischer Kulturen. Kritik seriöser Schulwissenschaftler blieb natürlich nicht aus. So wurden die Forschungsergebnisse der beiden Ethnologen schlicht bezweifelt, stattdessen Kontakte der "Dogon" mit Missionaren in der Vorzeit für das vermeintliche Wissen verantwortlich gemacht.

Es gab nach der Kolonisierung Malis immer wieder Kontakt zu den "Dogon". Auch gab es mit Sicherheit Irritationen, die durch die Verständigung zwischen den Forschern und Mitgliedern der "Dogon", hervorgerufen wurden. Ungewöhnlich war es, dass das geheime Wissen der "Dogon" nicht das Hauptaugenmerk der Forscher gewesen ist. In anderen Arbeiten über die "Dogon" wurde der Siriuskult gar nicht erwähnt.

In den Jahren 1979 bis 1990 lebte der belgische Ethnologe Walter van Beek bei den "Dogon". Van Beek konnte nichts von dem komplexen Weltbild, dass Griaule und Dieterlein aufzeichneten, wiederfinden. Stattdessen fand er eine Religion vor, die Opferrituale, Schamanen, Maskenrituale und Totenverehrung umfassten. Nichts ungewöhnliches bei afrikanischen Stämmen. Zudem fand das "Sigui-Fest" nur alle 60 Jahre statt, nicht alle fünfzig Jahre, wie es Griaule beschrieben hatte. Wie können sich die Ergebnisse der Forscher so unterscheiden? Haben die "Dogon" ein Geheimwissen, dass sie hinter dem einfachen Wissen verstecken? Wurde van Beek nur mit dem einfachen Wissen abgespeist, während Griaule und Dieterlein tiefe Einblicke in die komplexe Kultur der "Dogon" gewährt wurden?

Offensichtlich genossen die beiden Forscher hohes Ansehen bei den "Dogon", wie van Beek bestätigte. So lebten die beiden Ethnologen nicht als Schüler bei den "Dogon", um von deren Lebensumstände zu lernen, sondern verhielten sich wie Ermittler und ihre Befragungen glichen mehr Diskussionen. Die Diskussionskultur der "Dogon" ließ es allerdings nicht zu, keine Einigung zu finden. Der Rangniedere gab zumeist nach und so wurden die Schüler zu Schülern, die ihren Lehrern die Antworten in den Mund legten.

Die komplexe Schöpfungsgeschichte der "Dogon" war maßgeblich durch die beiden Forscher geprägt, indem Informationen weitergegeben wurden. Zudem fand van Beek heraus, dass die "Dogon" keine schriftlichen Überlieferungen und Darstellungen kannten. Die "Dogonmythen" sind somit persönliche Überlieferungen der Mitglieder der "Dogon", die natürlich nicht unabänderlich sind. Griaule und Dieterlein war dies offensichtlich nicht bewusst und haben die persönliche Version ihres Vertrauten zum Allgemeinwissen der "Dogon" gemacht.

Van Beek kam zu dem Ergebnis, dass die "Dogon" nichts von dem Doppelsternsystem Sirius wussten. Vielmehr wurde dieser Mythos durch ein Missverständnis zwischen Griaule und den "Dogon" geboren. Damit sollte man das "Sirius-Rätsel" der "Dogon" beiseite legen. Über die Existenz von "Siriusaner" diskutieren jedenfalls nur noch die UFO-Gläubigen. Die Astronomen träumen hingegen von dem Funkeln des hellen Sterns und hoffen darauf, vielleicht auch mal mit ihrem Teleskop den kleinen Begleiter Sirius B sehen zu können!

Clear Skies,
Christian Overhaus

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