Beobachtungstipp im Mai 2007

In den nächsten Wochen werden die Nächte zusehens kürzer, so dass die Sternbeobachtung nur eingeschränkt möglich sein wird. Deswegen fasse ich in diesem Rundbrief meine Eindrücke von der langen Messiernacht im April zusammen.

Zu der langen Messiernacht am 14. April 2007 trafen sich Günther Strauch, Richard Kastner, Ralf Nakott, Stephan Möhring, Ludger Kempkes, Sonja Stiller, Christian Overhaus und drei Gäste (deren vollen Namen ich leider nicht mehr weiß...) an der Josef-Bresser-Sternwarte in Hoxfeld.

Das sommerhafte Aprilwetter der letzten Tage ließen die Thermometer in Deutschland weit über die "20°C"-Marke klettern. Während die Ostertouristen auf den Balearen bei 15 bis 17°C hin und wieder eine nasse Dusche bekamen, sonnte sich das Münsterland bei blauem Himmel und 25°C. Verkehrte Welt also! Die lauen Nächte waren allerdings von Dunst und leichten Zirren geprägt, so dass in den Vortagen die Sterne nicht richtig gut zu sehen waren. Dennoch sah es am Samstag vielversprechend aus - und so war es dann auch! T-Shirt Wetter, dunkelblauer Himmel auf der Fahrt zur Sternwarte. Ich kam gegen 21:00 Uhr dort an. Im Gepäck das 10" Dobson-Teleskop und das entsprechende Zubehör. An der Sternwarte angekommen, reihte ich mich in die Masse der Beobachter ein. Auf der Plattform der Sternwarte hatte Ludger bereits seine "Raketenabschussbasis" aufgebaut. Die Raketenabschussbasis ist eine leicht - eher stark - modifizierte alte Goto-Gabelmontierung, auf der er verschiedene Optiken mit digitalen Kleinbildkameras bestückt, betreibt. So nahm er sich einen photographischen Messiermarathon vor. Zwei weitere Phototouristen fanden auf der Plattform Platz. Richard baute sein Schmidt-Newton auf und klemmte seine digitale Spiegelreflexkamera daran. In den darauf folgenden Stunden hörte man von oben die Motoren surren und eine Eieruhr klingeln, die für die Einhaltung der Belichtungszeit missbraucht wurde. Im Ernst, wer will schon "2-Minuten"-Eier essen?

In der Kuppel am großen 16" Schmidt-Cassegrain hatte sich Günther niedergelassen, um mit seiner digitalen Kamera viele Objekte abzulichten. Den Kometen Garrad, die Galaxien M51 und NGC 4631, den Kugelsternhaufen M5... um nur einige zu nennen.

Um geschützt vor den hellen Monitoren zu sein, die ja zwangsläufig mit der Fotographie einhergehen, platzierten sich Ralf und ich, die einzigen Vertreter der visuellen Truppe, unter die Plattform und bauten unsere Lichtkanonen auf. Ralfs 16-Zöller stand bereits ausgerichtet und justiert da, als ich meinen bescheidenen 10-Zöller daneben stellte. Die Dämmerung war bereits weit voran geschritten, so dass wir loslegen konnten. Einen Messiermarathon, wie im letzten Jahr, wurde von keinem durchgeführt. Wir spechtelten ein wenig in der Gegend herum und nahmen unzählige Objekte unter die Lupe, bzw. ins Okular. Vier Meter über uns piepte und surrte es derweil. Zahlen wurden in die Nacht gerufen, als ob sich die Anwesenden mit geheimen Codewörtern verständigten: NGC 2392, wie heißt noch mal der Eskimonebel, M97 oder... Die anwesenden Kiebitze, die unaufhörlich das vor uns liegende Ackerland verteidigten, gaben ihre lauten Kommentare dazu. - Astronomenidylle eben.

Kommen wir aber zu den Beobachtungen selbst. Hier kann ich natürlich nur meine eigenen Eindrücke wiedergeben. Und eine vollständige Liste werde ich auch nicht mehr zusammenbekommen. Begonnen hat der Abend mit der Venus, die hell den abendlichen Westhimmel zierte. Das kleine Halbmöndchen habe ich tagsüber schon zu Hause aufgesucht. Die Dämmerung war noch voll im Gange, da suchte ich bereits den Planetarischen Nebel NGC 2392 in den Zwillingen auf - das erste Objekt des Abends. Der kleine Nebel, zeigte sich als Nebelscheibchen mit einem hellen Zentralstern darin. Sein Trivialname "Eskimonebel" machte er an diesem Abend aber nur den Photographen alle Ehre. Und soweit ich es verfolgen konnte, wurde die eine oder andere Kamera in diese Richtung gehalten. Der Eskimonebel bietet sich für den Einstieg an. Übrigens standen die Teilnehmer ohne Teleskope nicht nur herum, sondern bewunderten die Ansichten durch die Teleskope der anderen. So wurde immer wieder etwas eingestellt und in den Teleskopen verglichen.

Mit zunehmender Dunkelheit wurden die Objekte anspruchsvoller. Als erstes sollten einige Galaxien im Löwen Erwähnung finden. Aufgesucht wurden die hellen Galaxien M95 und M96, die als helle elliptische Nebelchen so gerade bei niedriger Vergrößerung ins Okular passen. Die Nebelchen haben ein helleres Zentrum und sind leicht zu entdecken. Etwas nördlich davon befindet sich M105. Und da kamen schon die ersten Überraschungen. Es war dort nicht eine Galaxie zu sehen - es waren drei. Gut M105 und NGC 3384 waren ja bekannt und sind gut erkennbar. Doch was ist der schwache Nebel, der etwas östlich daneben zu finden ist. Im 16-Zöller ganz deutlich, erwartungsgemäß im 10-Zöller etwas schwieriger. Ein Komet? Nein, natürlich nicht! Der Blick in die Sternkarte gibt Auskunft über eine Galaxie, die mit NGC 3389 bezeichnet wird. Dieser diffuse Nebelfleck ist eine kleine Galaxie mit 1,3 Milliarden Sonnenleuchtkräften in einer Distanz von 30 Mio. Lichtjahren. Sie gehört damit auch zur Leo-Group, wie diese Ansammlung von Galaxien bezeichnet wird. Ich verweilte noch ein wenig an diesem schönen Ort und versuchte noch weitere Galaxien zu erkennen. Meine Sternkarte zeigte nördlich dieser Gruppe weitere Mitglieder, die per Starhopping leicht zu finden waren. Hell waren NGC 3377 und NGC 3367, die allesamt zur Leo-Group gehören. Etwas westlich davon befindet sich die lichtschwächere Galaxie NGC 3338, die aber auch kein so großes Problem darstellte.

Von oben wurde der Eulen-Nebel verlangt. Einige Kameras waren anscheinend in Richtung großer Bär unterwegs. Der Eulennebel M97 ist ein leichtes Objekt. Zwischen den beiden unteren Kastensternen des Großen Wagens stößt man auf zwei helle Messierobjekte. Zum einen ist es M97 und ebenfalls leicht zu sehen, die Galaxie M108. Die beiden Objekte liegen sehr nah beieinander und man sollte sie nicht verwechseln. Während der Planetarische Nebel M97 als rundliches Scheibchen erscheint, ist die Galaxie eher ein längliches Nebelchen. M97 war im Teleskop nur als mehr oder weniger gleichförmige helle Scheibe zu sehen. Auf den Aufnahmen unserer Photospezialisten sah man dennoch die Augen der Eule, die für die Namensgebung verantwortlich sind. Nach der Eule wurden noch wacker die Whirlpool-Galaxie M51 und die Sonnenblumengalaxie M63 eingestellt. Auch die Photographen nahmen diese Attraktionen aufs Korn. Schön waren in dieser Nacht bei klarem Himmel die Spiralarme M51 zu sehen. M63 kam als heller elliptischer Nebel daher.

Ganz beeindruckend ist allerdings die irreguläre Galaxie NGC 4449 im Sternbild Jagdhunde. Die im Okular leicht eckige Form des hellen Nebels gibt den photographischen Eindruck sogar ansatzweise wieder. Es ist eine Galaxie, die verschiedene Vergrößerungen verträgt und eines längeren Blickes würdig ist. Interessant sind auch zwei schwache Sterne innerhalb dieser Galaxie, die etwa die 13. Größenklasse besitzen. Ein Stern befindet sich nahe dem Zentrum, der andere in den Außenbezirken der Galaxie. Leider waren das keine Novas, sondern Sterne unserer Milchstraße, die vorgelagert sind. In den Jagdhunden gibt es natürlich noch mehr zu finden. Waren da noch die Nebelchen NGC 5033 und NGC 5005, die etwas östlich des Sterns Cor Caroli zu finden sind. Diese Galaxien erscheinen als elliptische Nebelchen und sind etwa 50 - 60 Millionen Lichtjahre entfernt. Ganz schön weit, selbst für astronomische Verhältnisse. Besonders erwähnenswert wäre da noch die Galaxie NGC 4631, die Heringsgalaxie. Diese Galaxie fand Zuspruch in allen Geräten. Eine großer, länglicher Nebel, der von einem kleinen rundlichen Nebel begleitet wird. Schön im Dobson, schön auf den Bildern. Der Begleiter ist die Galaxie NGC 4627, die etwas über dem Zentrum von NGC 4631 liegt. Dazwischen befindet sich noch ein hellerer Stern 10. Größe.

Nicht weit davon entfernt findet man NGC 4656, die wiederum einen kleinen Begleiter, nämlich NGC 4657, hat. Die beiden Galaxien erscheinen im Dobson wie ein kleiner lichtschwacher kosmischer Haken. Wieder ein Objekt, das man sich genauer ansehen sollte.

Was wurde sonst noch eingestellt? NGC 5907 im Sternbild Drache. Eine Galaxie, die immerhin 40 Mio. Lichtjahre entfernt ist. Im Teleskop sieht die Galaxie in Kantenlage aus wie ein feiner Nebelstrich. Eine der eindrucksvollsten Kantenlagen, die ich kenne. Ich hoffe, die Mitbeobachter stimmen mir zu!

Danach machte ich mich ans "Koma-Saufen", quatsch an den Coma-Haufen... Der Coma-Haufen ist ein Galaxienhaufen im "Haar der Berenice". Dort findet man zahlreiche Galaxien, die darauf warten identifiziert zu werden. Ich selber nahm mir die Galaxien NGC 4565 mit den Nachbarn NGC 4494 und NGC 4725 vor. NGC 4565 ist ebenfalls eine schöne Galaxie in Kantenlage - leicht zu erkennen. NGC 4494 zeigte sich als diffuses elliptisches Nebelchen, wie auch NGC 4725. Allesamt waren sie leicht zu erkennen und mit der Sternkarte leicht zu identifizieren.

Eine solche Beobachtung erfordert Ausdauer und Konzentration. So sind natürlich regelmäßige Pausen, die mit Plätzchen und Getränken nicht alkoholischer Natur verbunden sind, notwendig. Die Beobachtung soll ja ein Genuss sein. Leider störten gelegentliche Autos das Glück, so dass der volle Scheinwerfer dieser Störenfriede etwas die Nachtadaption der Augen störte. Die Kiebitze gaben unaufhörlich Laut und auch ein oder drei Pfaue in der Nachtbarschaft erzählten sich über große Distanzen Tratsch. Ansonsten spannte sich ein schöner Sternenhimmel über die friedvolle Landschaft. Die Plätzchen schmeckten gut und die Zeit verrann. Mittlerweile, weit nach ein Uhr, tauchte der Jupiter tief im Osten auf. Der Bootes war bereits im Zenit. Wir konnten die fabulösen Kugelsternhaufen M13, M3 und für mich besonders Eindrucksvoll M5, beobachten. Jupiter zeigte sich tief am Horizont. Man konnte noch nicht allzu viel erkennen. Die vier Monde und ein helles Wolkenband. Das zweite Wolkenband war blasser und die Äquatorzone schien dunkler zu sein als die Polregionen soweit das erkennbar war.

Die Sternwarte wurde nach und nach leerer. Zum Schluss waren nur noch Günther, Ludger und ich da. Ludger und ich verließen das Gelände erst nach 5:00 Uhr. Günther war bereits gegen 4:00 Uhr verschwunden. Die Beobachtung klang aus mit M17 , dem Omeganebel, den ich mangels Konzentration und hellem Himmelshintergrund nach langer Suche fand. Mehrmals stolperte ich dabei über M11, den wunderschönen Wildentensternhaufen im Sternbild Schild. Nach dem ich verzweifelt das Sternbild Schütze am Himmel zusammensuchte und anschließend noch einen allerallerletzen Blick auf Jupiter werfen konnte, packte ich meine Sachen zusammen. Ludger machte auch Feierabend. Es dämmerte ja schließlich schon wieder. Nachdem ich das Teleskop (2 Gänge) und meinen Zubehörkoffer mit dem Campingstuhl (1 Gang) zum Auto brachte, half ich Ludger noch beim Abbau. Sein Equipment umfasste 5 oder 6 Kisten, nebst Teleskop. Sein Keller dürfte wohl leer gewesen sein...

So ging eine wirklich schöne Nacht, bei lauen Temperaturen, vorüber. Ich konnte natürlich nicht alle Eindrücke festhalten. Vergessen habe ich die zwei oder drei Sternschnuppen, die vielen Satelliten und so weiter. Mir geht es darum mit diesem Text, die Nacht ein wenig in Erinnerung zu halten und andere daran teilhaben zu lassen. Vielleicht schreibt der eine oder andere ja ebenfalls einen kurzen Bericht zur gemeinsamen Messiernacht an der Sternwarte...

Clear Skies,
Christian Overhaus

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