Beobachtungstipp im September 2008

Es kommt wirklich nur sehr selten vor, dass ein kleiner Stern, der gerade mal so eben mit dem bloßen Auge sichtbar ist, Weltruhm erlangt. Nicht nur die Fachwelt nahm Notiz davon, selbst für eine Titelstory im Magazin "Spiegel" oder dem amerikanischen "Time"-Magazin reichte es aus. Der Stern heißt "51 Peg". 51... was? Nie davon gehört! So wird es einem ergehen, würde er auf der Straße nach diesem Stern fragen. Den Astronomen klingeln aber die Ohren, wenn sie von davon hören, obwohl kaum einer von ihnen den Stern bewusst aufgesucht haben wird. Denn 51 Peg ist ein unauffälliger Stern 5. Größenklasse.

Die steile Karriere des Sterns 51 Peg begann im Oktober 1995. Die beiden Astronomen Didier Queloz und Michel Mayor untersuchten das Spektrum des Sterns mit einer hohen Genauigkeit. Die Beobachtungen zogen sich über einen Zeitraum von mehreren Tagen hin. 51 Peg war dabei nicht der einzige Stern, der untersucht wurde. Es gab eine ganze Liste von Sternen, die die beiden Astronomen untersuchten. All diese Sterne hatten Gemeinsamkeiten - sie waren potentielle Kandidaten für eine erfolgreiche Planetensuche. Mayor und Queloz suchten nämlich gezielt nach extrasolaren Planeten, kurz Exoplaneten. Bis dahin gab es schon einige Entdeckungen vermeintlicher Exoplaneten, die sich im Nachhinein dann als Falschmeldungen herausstellten. Mit hochsensibler Technik machten sie sich daran, eine Auswahl an Sternen zu untersuchen. Um die Erfolgschancen zu erhöhen, trafen sie eine Vorauswahl der Sterne. Denn nur Sterne, die mittels ihrer Methode untersucht werden konnten und Sterne, bei denen man nach dem Verständnis der Astronomen Planeten vermuten konnte, waren interessant. Die Astronomen bedienten sich dabei aus dem Bright Star Catalog, der 9.000 Sterne umfasst.

In der Nacht zum 15. September 1994 nahmen sich die Astronomen von der Sternwarte der Haute Provence aus den Eintrag 8.729 des Kataloges vor. Ein sonnenähnlicher Stern, der gute 50 Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Mit ihren hochempfindlichen Sensoren und dem sehr genauem Spektrographen untersuchten sie den Stern und bestimmten die seine Radialgeschwindigkeit mit der Genauigkeit einer irdischen Radaranlage. Ihre Methode erlaubte eine Geschwindigkeitsmessung mit einer Genauigkeit von +/- 3 m/s.

Der Stern HR 8729 oder besser 51 Peg raste mit über 33 km/s auf unser Sonnensystem zu. Zu dieser Erkenntnis kamen die Forscher, als sie eine Blauverschiebung der Spektrallinien im Spektrum des Sterns vorfanden. Ein flüchtender Stern weißt ja bekanntermaßen eine Rotverschiebung des Spektrums auf. Das Prinzip ist uns ja schon von der Kosmologie her bekannt, obwohl diese Rot- bzw. Blauverschiebung nichts mit der kosmologischen Rotverschiebung zu tun hat. Die Sterne unserer Milchstraße bleiben von der Expansion des Universums weitestgehend verschont. Die Geschwindigkeit des Sterns war für die Astronomen nicht ungewöhnlich. Schließlich weisen alle Sterne mehr oder weniger hohe Eigengeschwindigkeiten auf.

Folgeuntersuchungen zeigten, dass die Geschwindigkeit von 51 Peg im Zeitraum von 4,2 Tagen um 100 m/s variierte. Dabei zeigte der Geschwindigkeitsvektor eine schöne Sinuskurve. Der kleine Stern im Pegasus umkreiste einen unsichtbaren Begleiter oder besser gesagt, umkreisen der Stern und sein Begleiter einen gemeinsamen Schwerpunkt. Die beiden Astronomen posaunten ihre Entdeckung nicht sofort in alle Welt hinaus. In der Vergangenheit hatte es bei Planetenentdeckungen immer wieder Irrtümer gegeben und das gefundene Ergebnis war nicht gerade zweifelsfrei. Die gefundenen Werte ließen sich durch einen Planeten erklären, der etwa die halbe Jupitermasse besitzt und dessen Abstand zum Stern nach den Kepler'schen Gesetzten nur 7 Mio km beträgt. Und das war nach der Vorstellung der Planetenforscher sehr ungewöhnlich, ging man bis dahin noch davon aus, dass größere Planeten im Abstand von mehreren Hundert Millionen Kilometern von Zentralsternen entstehen. Und dann so was. Wie gelangt so ein großer Planet in die Nähe eines Sterns und wie mochte er beschaffen sein? Es gab daraufhin Versuche, die Geschwindigkeitsschwankungen anderweitig zu erklären. Doch ohne Erfolg. Die astronomische Welt musste sich damit anfreunden, dass der erste entdeckte Planet die Vorstellung von Planetensystemen auf den Kopf stellte. Denn nur kurze Zeit später entdeckten die Amerikaner Marcy und Buttler einen ähnlichen Planeten um den Stern Ups Andromeda. Wir haben es beim Planeten um 51 Peg also keinesfalls mit einem Exoten zu tun. Jedenfalls gewannen die beiden Schweizer Astronomen das Rennen um die Entdeckung des ersten Exoplaneten.

Da kann man mal sehen, wie spannend die Angelegenheit war. Verschiedene konkurrierende Astronomenteams machten Jagd auf die Erstendeckung. Am liebsten hätten die Astronomen ihre Entdeckung im September 1994 sofort publiziert. Dennoch hielten sie sich zurück, auch mit der Gefahr, dass andere das Rennen machten, um nicht einer Falschmeldung zu erliegen. Nichts wäre peinlicher als das. Und Angriffe auf den Planeten von 51 Peg gab es zu genüge.

Im Nachhinein ist die Entdeckung großer Planeten in der Nähe von Muttersternen keine Überraschung. Schließlich lässt die Untersuchungsmethode der Messung der Radialgeschwindigkeit, die so genannten Doppler-Wobble-Methode, nur Planeten dieser Größenordnung zu. Zwar verursacht der Jupiter in einer Entfernung von 780 Mio km eine Geschwindigkeitsveränderung von 13 m/s, doch erstrecke sich der Beobachtungszeitraum über gute 12 Jahre. Somit war es Mayor und Queloz nur möglich große Planeten in der Nähe des Sterns zu entdecken.

Die Entdeckung der Planeten um 51 Pegasus und Ups Andromeda löste eine Flut von Neuendeckungen aus. Bis Ende 2006 wuchs die Zahl der entdeckten Planeten auf über 200 an. Die meisten Planeten wurden mittels der Messung der Radialgeschwindigkeiten entdeckt. Eine weitere Methode zur Planetensuche ist die Transitmethode. Hierbei beobachtet man den Vorübergang eines Planeten vor der zentralen Sonne. Das ist vergleichbar mit dem Vorübergang des Planeten Merkur oder der Venus vor der Sonne. Da der Planet bei der Passage der Sternoberfläche eine Minifinsternis verursacht, kommt es zu einer geringen, aber dennoch messbaren Lichtabschwächung des Sterns. Bisher hat man ein gutes Dutzend Planeten mit dieser Methode entdeckt.

Gute 11 Jahre später, am 21 Dezember 2006, startet die europäische COROT-Mission. Der COROT-Satellit (Convenction, Rotation and Planetary Transits) wurde vom Weltraumbahnhof Baikonur mit einer Sojus-Rakete in eine polare Umlaufbahn in 896km Höhe gebracht. Von dort aus untersucht der Satellit abwechselnd Sternfelder im Sternbild Schlange und im Sternbild Einhorn. Der Satellit ist mit einem Teleskop, dessen Hauptspiegel 27cm Durchmesser besitzt, ausgerüstet. Die Besonderheit ist die Auswertelektronik, die so genannte COROTCam. Die Kamera erlaubt es in zwei Modi, zum einen die Transitmethode und zum anderen die Doppler-Wobble-Methode, zu arbeiten. Dabei kann die Kamera im ersten Fall fünf Sterne gleichzeitig und im zweiten Fall sogar bis zu 3.000 Sterne gleichzeitig beobachten. Man hofft, dass man auf diese Weise 60.000 Sterne untersuchen kann.

Corot soll bis zum Sommer 2009 Daten sammeln. Im Jahr 2008 bekommt Corot Unterstützung vom NASA-Satelliten Kepler. Auch die ESA plant eine weitere Mission mit dem Astrometriesatelliten GAIA, der ab dem Jahr 2011 die Position und Geschwindigkeit von Millionen von Sternen messen soll.

Uns Amateuren bleibt die Entdeckung von Exoplaneten noch vorenthalten. Wir können uns aber glücklich schätzen, in dieser aufregenden Zeit der Entdeckungen zu leben. Und auch wenn wir den Planeten um 51 Peg nicht zu Gesicht bekommen sollten wir beim Streifzug durch das Sternbild Pegasus kurz bei diesem Stern verweilen und uns diesen phantastischen Planeten vorstellen, wie immer er auch beschaffen sein mag.

Clear Skies,
Christian Overhaus

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