Beobachtungstipp im Juli 2009

In Sommernächten spannt sich das silbrige Band der Milchstrasse wie ein Schleier aus Sternen über unseren Köpfen. Milliarden von Sternen vereinen ihr Licht zu dieser hellen Sternenwolke. Dunkle Gebiete aus Staub durchziehen die leuchtenden Bereiche und lassen einige Gebiete sternenleer erscheinen. Der Staub, nicht zu verwechseln mit dunkler Materie, besteht aus feinen Kohlenstoff- oder Siliziumpartikeln, die eher mit Zigarettenrauch zu vergleichen sind, als mit Hausstaub. Für die Astronomen ist der Staub ein sehr wichtiges Forschungsfeld, wenn auch gleich viele Hausfrauen Staub als lästiges Übel ansehen. Der Staub, insbesondere der kosmische Staub hat aber eine große Bedeutung für uns. Doch fangen wir vorne an...

Am Anfang war das Universum wüst und leer! Nein, das stimmt nicht ganz. Bereits eine Plancksekunde nach dem Urknall war das noch kleine Universum ein Ort voller Strahlung. Und es dauerte gerade mal 300.000 Jahre bis die Strahlungsära, wie sie genannt wird, beendet war und die Materie das Universum dominierte oder besser gesagt, die Strahlung in ihrer Rolle ablöste. Wer inwiefern das Universum dominiert ist eine kosmologische Frage, die noch nicht richtig zufrieden stellend geklärt worden ist. Doch wie sah die erste Materie aus, die das frühe Universum durchzog? Wenn man nicht gerade ein großer Fan von Wasserstoff und Helium ist, hätte man sich in dieser Phase des Universums kaum wohl gefühlt. Denn 75% des Universums bestanden zu dieser Zeit aus Wasserstoff und die verbliebenen 25% wurde durch Helium aufgefüllt. Doch gerade das noch kleine Universum, die hohe Dichte des kosmischen Mediums und auch die anziehende Wirkung der geheimnisvollen Dunklen Materie begünstigen die Entwicklung riesiger Sterne, die das Universum erstmals nach dem Urknall wieder erhellten. Die Dunkle Materie ist dabei keine Materie im eigentlichen Sinne, so wie wir sie kennen. Wenn man es genau nimmt, weiß niemand, was die Dunkle Materie ist. Nur die gravitative Wirkung der dunklen Materie ist bisher nachweisbar. Doch gerade diese wichtige Eigenschaft macht sie zu einer wichtigen Zutat im Rezept für ein staubreiches Universum.

Aber zurück zu den ersten Sternen, den Sternen der ersten Generation. Nur aus Wasserstoff und Helium bestehend, verbrannten die Sterne wegen ihrer enormen Größe ihre Vorräte schnell. Nach wenigen Hundert Millionen Jahren muss das Universum einem Feuerwerk geglichen haben, da diese Generation von Sternen sich in gewaltigen Supernovaexplosionen von ihrem Sternendasein verabschiedeten. In dieser Zeit bildeten sich viele Neutronensterne und schwarze Löcher, die unter Umständen miteinander verschmolzen. Dabei kam es zu Hypernovae - Energieausbrüche gigantischen Ausmaßes. Eine solche Hypernova in unserer Milchstraße hätte verheerende Folgen für uns und alle anderen Bewohner dieser Sterneninsel. Das Zentrum unserer Milchstrasse beherbergt übrigens ein Schwarzes Loch mit 3 Millionen Sonnenmassen. Da es zu keiner Zeit einen solchen Stern gab, wird dieses Loch durch Verschmelzung und Nahrungsaufnahme, also den Verzehr anderer Sterne, gewachsen sein. Es ist noch ungeklärt, ob die Schwarzen Löcher Keime bei der Bildung von Milchstraßensystemen sind oder ob die Milchstraßen ihrerseits die Bildung von Schwarzen Löchern begünstigen. Vielleicht liegt die Wahrheit wie so oft irgendwo dazwischen. Jedenfalls gibt es einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Größe einer Milchstraße und der Masse des zentralen Schwarzen Lochs. Unsere Milchstraße ist nämlich nicht die einzige Galaxie, die ein solches Monstrum im Zentrum besitzt. Vielmehr beobachtet man, dass Milchstraßen größere massereiche Schwarze Löcher besitzen, je größer sie selbst sind. Klingt ja auch nicht so ganz unlogisch.

Doch wir schweifen vom Thema ab. Wasserstoff und Helium sind also die Urelemente des Universums. Um noch mal einen Fachbegriff einzuwerfen: Man nennt sie auch den primordalen Wasserstoff bzw Helium. Gute 15 Milliarden Jahre nach dem Urknall gibt es gut 100 Elemente. Einige von ihnen sind so instabil, dass sie innerhalb ganz kurzer Zeit zerfallen. Diese sind nur für ehrgeizige Wissenschaftler interessant. Niemals wird es ein Auto geben, welches aus Hahnium gebaut wurde.

Was ist in den 15 Milliarden Jahren geschehen, dass es soviel Elemente, Staub, Planeten in diesem Universum gibt? Das Geheimnis liegt in den Sternen! Das wird viele Astrologen freuen. An dieser Stelle können (und wollen) auch die härtesten Astronomen nicht verleugnen, dass unser Schicksal in den Händen der Gestirne liegt. Wenn auch in anderer Bedeutung, als die Astrologie es uns weiß machen möchte.

Sterne sind Fusionsreaktoren und verschmelzen in ihren Kernen zwei Wasserstoffatome zu Helium. Was sich hier so einfach anhört, ist allerdings ein höchst komplizierter Prozess. Und weil das so kompliziert ist, findet so eine Kernfusion relativ selten statt. Nur wegen der großen Zahl an Wasserstoffkernen im Zentrum der Sterne kann eine große Leistung abgestrahlt werden. Doch wie das so bei allen Dingen ist: Irgendwann kommt die Zeit und der Wasserstoffvorrat im Kern neigt sich dem Ende und immer mehr Helium sammelt sich an. Bei kleinen Sternen, wie bei unserer Sonne, kann es durchaus viele Milliarden Jahre dauern, bis es soweit ist. Größere Sterne, die ein Vielfaches der Sonnenmasse besitzen, kommen schon nach wenigen Millionen Jahren in die Krise. Wie diese Krise aussieht, hängt sehr von der Größe der Sterne ab. Während Sterne, die weniger als acht Sonnenmassen sind, relativ unspektakulär die Weltenbühne verlassen, verabschieden sich größere Sterne in einem feurigen Inferno, einer Supernovaexplosion. Kleine Sterne, wie unsere Sonne, beginnen mit dem Erliegen der Kernfusion im Zentrum mit dem so genannten Schalenbrennen. Druck und Temperatur steigen im Zentrum soweit an, dass die Kernfusion auch die Schichten, die um den heliumreichen Kern sind, reagieren. Helium wird dabei sogar zu schwereren Elementen umgesetzt. Der Stern setzt nun viel mehr Energie frei und dehnt sich aus. Im Fall der Sonne wird die Erdumlaufbahn fast erreicht. Weil die Entweichgeschwindigkeit an der Oberfläche des Sterns sinkt, verliert der Stern durch den starken Sonnenwind über 10% seiner Masse.

Im Stern selbst können sich bei den höheren Temperaturen Elemente bis Eisen bilden. In dieser Phase der Sternentwicklung wird auch eine Menge Staub gebildet, der anschließend mit dem Wind in den interstellaren Raum gepustet wird. Mit der Bildung von Eisen ist erstmal Schluss für den sonnenähnlichen Stern, weil die Fusion von Eisen zu noch schwereren Elementen keine Energie mehr liefert, sondern verbraucht. Das Fusionsfeuer erlischt. Ist der Stern aber erstmal soweit, wächst der Sonnenwind zu einem Superwind, der den mittlerweile ultraheißen Kern des Sterns freilegt und eine Menge Staub in den Raum pustet. Der Stern strahlt im ultravioletten Licht und regt dabei das abströmende Gas zum Leuchten an. Ein "Planetarischer Nebel" ist geboren. Einige Zehntausend Jahre dauert es dann, bis sich das Gas und der Staub soweit verflüchtigt hat und der Nebel verschwindet. Bei Sternen, deren Masse über acht Sonnenmassen liegt, ist das Ende furioser. Der weitaus höhere Druck und die hohe Temperatur sorgen für eine wahre Explosion, die den Stern fast zerreißt. Dabei wird soviel Energie freigesetzt, dass sogar schwere Elemente, wie bspw. Uran, entstehen können. Und in den jungen Jahren des Universums gab es viele dieser großen Sterne und auch viele solcher Supernovaexplosionen. Ein großer Teil aller Elemente, die wir in unserer Umgebung finden, wurden zu dieser Zeit in den Zentren großer Sterne gebacken. Innerhalb kosmisch kurzer Zeit durchsetzten die Sternenexplosionen die noch junge Milchstraße mit all dem Staub und schweren Elementen, die wir heute vorfinden und aus denen wir bestehen.

Mit der Zeit verschwand das Angebot an Wasserstoff und heute ist die Sternentstehungsrate weitaus kleiner als noch vor 10 Milliarden Jahren. Es kommt also nicht soviel Material dazu. Die Sternentstehungsrate unserer Milchstrasse liegt bei ungefähr einem Stern pro Jahr. Größenordnungsmäßig vergleichbar, wenn auch um einiges geringer, ist die "Sterberate" der Milchstrassensterne. Im Durchschnitt gibt es ein Supernovaereignis pro Jahrhundert in einer Milchstrasse. Beide Trends sind aber gegenläufig. Das bedeutet, dass in ferner Zukunft mehr Sterne sterben werden als neu entstehen. Das Universum wird also zusehens dunkler.

Zurück bleiben die Reste vergangener Sterne, die weißen und schwarzen Zwerge, Neutronensterne, schwarze Löcher und jede Menge Staub, in dem sich Wasserstoff und Helium angelagert haben.

Doch jetzt und heute erfreut uns der Staub als dunkle Wolken vor dem sternreichen Hintergrund der Milchstrasse. Oder als dezenter Belag auf den Wohnzimmermöbeln...

Clear Skies und einen guten Staublappen,
Christian Overhaus

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