Beobachtungstipp im März 2011

In den frühen Morgenstunden des 14. Januar 2005 tauchte die Huygensraumsonde in die obere Atmosphäre des Saturnmondes Titan ein. Drei Wochen umkreiste die kleine Sonde den zweitgrößten Mond des Sonnensystems bereits in einer ballistischen Bahn. Nun öffneten sich mehrere Fallschirme, um der Sonde einen möglichst angenehmen Sinkflug durch die geheimnisvollen Wolkenschleier der Titanatmosphäre zu ermöglichen. Gute zweieinhalb Stunden dauerte die relativ sanfte Landung, die mit einem Aufprall von gut 16km/h endete.

Planet Saturn
Planet Saturn, Christian Overhaus

Die Sonde lieferte atemberaubende Bilder einer fernen Fjord- und Bergwelt, die irdischen Landschaften nicht unähnlich ist. Windgeräusche wurden aufgenommen und auch kleine Aerosolpartikel konnten analysiert werden. Nach der Landung in einer felsigen Gebirgswüste konnte die Sonde noch 70 Minuten Daten von der Umgebung an die Raumsonde Cassini senden, die ihrerseits in einer Umlaufbahn um den Planeten Saturn, die Daten weiter in Richtung Erde sendete, wo sie in voller Spannung von den NASA- und ESA-Experten erwartet wurden.

Der dichte Wolkenschleier des Mondes lichtete sich erst in 20km über der Oberfläche des Mondes und gab den Blick auf die Titanlandschaft frei. Gebirge und Seen wurden erkennbar, die irdischen Verhältnissen sehr ähnlich waren. Allerdings nur aus Entfernung betrachtet.

Die Seen auf Titan sind keine wassergefüllten Gebilde. Es ist ein Kohlenwasserstoffcocktail, hauptsächlich aus flüssigem Methan bestehend, der die Seen füllt. Auch der Landeplatz, der zwar felsig erscheint und einige runde Steine aufweist, ist nicht nur mineralischer Natur. Vielmehr ist es teerartige Kohlenwasserstoffsubstanz, auf die die kleine Sonde aufsetzte. Die gut 15cm großen Gesteinsbrocken in der Landeumgebung ähneln von der Gestalt her irdischen Kieselsteinen. Das lässt den Schluss zu, dass die Oberfläche des Saturnmondes flussartige Drainageadern aufweist, in denen tiefkalte, auch zähflüssige Kohlenwasserstoffverbindungen abfließen. Denn auch die Kieselsteine der Erde wurden durch Wasser und Abrieb in die schöne rundliche Form gebracht. Die Titanatmosphäre besteht zu über 98% aus Stickstoff. Die Anteile an Kohlenwasserstoffen führen zur Wolkenbildung und auch zu Niederschlägen. Es gibt nur geringe Wasseranteile, aber die tiefkalten Temperaturen von -180°C würden das Wasser sowie so nur in Eisform zulassen. Die Titankruste besteht großflächig aus Eis und Methanhydrat. Es ist aber durchaus denkbar, dass unter der Eisschicht flüssiges Wasser vorhanden ist, welches durch die Gezeitenreibung aufgeheizt wird. Der Saturnmond rotiert zwar gebunden an den Planeten, jedoch sorgt seine stark elliptische Bahn für eine Liberationsbewegung und damit kommt es auch zur Gezeitenreibung. Radarmessungen, die die Raumsonde Cassini vornahm, welche auch eine Karte des Titan ermöglichte, ergaben Eisozeane mit einer Eisdecke von 80km Dicke, unter der es möglicherweise flüssiges Wasser mit einem Anteil von Ammoniak als Frostschutzmittel gibt.

Unterirdischer Vulkanismus und tektonische Verschiebungen könnten in der Tiefe Energiequellen sein, die das Wasser in den flüssigen Zustand bringen. Die Sonnenenergie, die gerade mal 1% der Energie ausmacht, die die Erde empfängt, reicht für derartige Prozesse nicht mehr aus.

Der Titan wird ja gerne als frühe unterkühlte Erde betrachtet. Die Chemie ist jedoch wesentlich langsamer als auf unserem Planeten. Deswegen ist dort auch keine nennenswerte Biologie zu erwarten. Es können sich dort aber durchaus Makromoleküle bilden, die die Grundlage für Leben sind. Der Titan ist somit ein spannendes Labor für die Untersuchung von Prozessen, die auf der Urerde zum Leben führte. Die Atmosphäre der Urerde bestand allerdings weniger aus Stickstoff, sondern war wie die der Venus, vielmehr eine Kohlendioxidatmosphäre.

Mit dem Erreichen des Planeten Saturns im Jahr 2004 gelang den Forschern mit Hilfe der Cassini-Huygens-Mission ein Einblick in die grandiosen Eiswelten der fernen Saturnmonde. Und Titan, der übrigens größer als der Merkur ist und als einziger Mond im Sonnensystem eine dichte Atmosphäre besitzt, ist einer der spannendsten Welten überhaupt.

Mittlerweile wurden einige Seen und Formation auf dem Saturnmond benannt, zum Beispiel das Kraken-Mare, ein riesiger Methansee, der in Größe dem Kaspischen Meer nahe kommt. Wüstenlandschaften mit 150m hohen Dünen wurden gefunden, welche auf feines Material und bewegte meteorologische Verhältnisse schließen lassen. Der Landeplatz der Sonde wurde zur Hubert-Curien-Gedenkstätte ernannt, einer der Gründerväter der europäischen Raumfahrt.

Titan wurde im Jahr 1655 vom niederländischen Astronom Christiaan Huygens entdeckt. Er nutzte ein Teleskop mit 57mm Öffnung. Gute 40 Jahre zuvor gelang Galileo Galilei die Entdeckung der vier Jupitermonde. Heute reichen kleine Amateurteleskope um den hellsten aller Saturnmonde zu sehen. Möglicherweise kann er auch in einem guten Fernglas entdeckt werden.

Wirkliche Erkenntnisse über den Saturnmond wurden aber erst in den 70'er Jahren gewonnen als die "Pioneer"- und "Voyager"-Sonden das Planetensystem erkundeten. Mit den großen Teleskopen des 19. und 20. Jahrhunderts war es zwar möglich, das Titanscheibchen zu beobachten. Erkenntnisse über Größe und Beschaffenheit des Mondes waren jedoch unzugänglich. Gute Bilder lieferte das Hubble-Teleskop in den 90'er Jahren, doch der Durchbruch gelang mit der Cassini-Huygens-Mission. Die Raumsonde, die seit 2004 das Saturnsystem erforscht, lieferte grandiose Bilder und wertvolle Daten für das Verständnis des Sonnensystem. Wir werden heute mit spektakulären Aufnahmen überschüttet, können kaum noch nachvollziehen, ob es digitale Computerwelten sind oder "natürliche" Aufnahmen einer entfernten Kamera.

Es sind atemberaubende Welten, die uns und unseren Mitmenschen in Dokumentationen vorgestellt werden. In den Okularen der Sternfreunde bleiben sie allerdings nur kleine Lichtpunkte.

Clear Skies,
Christian Overhaus

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