Beobachtungstipp im April 2011

"Wat is en Blasar? Da stelle mer uns janz dumm. Und da sagge mer so: Ne Blasar is ne janz heiße Anjelegenheit weit inne Ferne vonne dat Weltalls." Lehrer Bömmels Erklärungsversuch einer Dampfmaschine in der "Feuerzangbowle" ist vielleicht nicht die richtige Vorlage, um sich mit diesen exotischen interstellaren Objekten auseinanderzusetzen. Blasar steht für Blazing Quasi Stellar Objekt. Die nahe Namensverwandschaft mit dem Begriff der Quasare ist nicht von ungefähr. Blasare sind eine besondere Art von Quasaren. Etwa auf dem halben Weg zwischen dem Löwen und dem Großen Bären finden wir nahe des Sterns 51 Ursa Majoris den Blasaren Markarian 421 (MRK 421). Ein unscheinbarer schwacher Lichtpunkt, der dennoch in mittleren Teleskopen deutlich zu erkennen ist. Seine Helligkeit variiert zwischen 11,6 und 16,0 Mag unregelmäßig. Die Veränderlichkeit ist eines der Merkmale der Blasare.

Markarian 421 befindet sich in über 400 Mio. Lichtjahren Distanz. Die stellare Erscheinung deutet auf ein ziemlich kompaktes Objekt hin. Und in der Tat handelt es sich um ein Objekt, dessen Größe unser Sonnensystem kaum übertrifft. Man kann sich vorstellen, dass es sich hierbei um eine ganz besondere Art von Objekten handeln muss, die eine solche gewaltige Leuchtkraft besitzen und dieses innerhalb des doch übersichtlichen Raumbereichs erzeugen. Blasare sind, wie die Quasare, aktive Kerne von Galaxien. Im Falle von Markarian 421 bleibt unserem Auge die eigentliche Galaxie verborgen. Der helle Galaxienkern ist leicht erkennbar. Das Geheimnis der Leuchtkraft ist Astrophysik der feinsten Form: Relativität, Hochenergiephysik und Schwarze Löcher in anschaulichster Weise. Lehrer Bömmel hätte seine Probleme, dies alles in eine Unterrichtsstunde zu fassen.

Blasar Markarian 421
Blasar Markarian 421, 3. März 2011, Christian Overhaus

In Zentren von Galaxien findet man Schwarze Löcher, deren Masse gewöhnlicherweise einige Millionen Sonnenmassen entsprechen. Selbst unsere Milchstrasse besitzt so ein zentrales Ungetüm mit 3 Millionen Sonnenmassen. Glücklicherweise ist es deswegen noch kein Quasar. Quasare und Blasare können Schwarze Löcher beherbergen, die mehrere Hundertmillionen Sonnenmassen aufweisen.

Unser heimisches Schwarzes Loch ist -salopp gesagt- ein ziemlich armes Schwein. Schwarze Löcher haben ja den Ruf, dass sie alles, was ihnen in die Quere kommt, in sich hineinzusaugen. Und da liegt das Problem unseres Schwarzen Lochs. Es macht Diät und das seit vielen, vielen Jahren. Und das ist gut so. In Galaxien, die einen AGN besitzen (AG...was bitte? Ok, AGN ist die Abkürzung für Active Galaxy Nucleus, also aktiver Galaxienkern) sieht die Welt schon anderes aus. Diese Galaxien versorgen ihr Schwarzes Loch mit "Nahrung". Und die Materie verschwindet nicht still und heimlich in den dunklen Schlund. Wie in der Badewanne läuft die Materie spiralförmig auf das Zentrum, beziehungsweise den Abfluss, zu. Doch im Gegensatz zur heimischen Badewanne nimmt mit zunehmender Geschwindigkeit auch die Reibung und die Temperatur zu. Es bildet sich eine so genannte Akkretionsscheibe, die Röntgenstrahlung abgibt. Es bildet sich ein riesiges elektromagnetisches Feld um den Galaxienkern, das an den Polen Teilchen und Strahlung in Form eines Jets in den Weltraum schickt. Und das nicht mit der weichen Röntgenstrahlung, nein, ultraharte Gammastrahlung schafft es, die Teilchen fast auf die Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen. Und diese Gammastrahlung können wir hier auf der Erde noch nachweisen. Das Vorhandensein von Gammastrahlung beweist übrigens, dass die Strahlung nur durch sehr dünne Materiewolken wandern muss, da diese Art von Strahlung sehr leicht absorbiert oder gestreut wird. Und es entstehen Materie-Antimaterieteilchenpaare, die die Gammastrahlung abschwächen. So etwas passiert also in den Zentren aktiver Galaxien...

In den 60'er Jahren entdeckte der Astronom Maarten Schmidt eine Klasse von Objekten, die er als Quasare bezeichnete. Quasar steht dabei für Quasi-Stellare Radioquelle. Wobei diese Objekte auch im optischen Fenster zu sehen sind. Er wies anhand der großen Rotverschiebung des Spektrums nach, dass sich diese Quasare sehr weit, zum Teil Milliarden von Lichtjahren, entfernt von uns befinden. Man kam zu der Erkenntnis, dass es sich um leuchtstarke Zentren ferner Galaxien handeln musste.

Eine besondere Unterart sind die Blasare. Diese zeigen Helligkeitsschwankungen, die innerhalb von Wochen, Tagen oder Stunden stattfinden. Der schnelle Lichtwechsel beweist, dass nur kleine Raumregionen betroffen sein können, da sich die Helligkeitsänderung nur mit maximal der Lichtgeschwindigkeit ausbreiten kann.

Betrachten wir ein Schwarzes Loch, dass von einer ausgeprägten Akkretionsscheibe umgeben ist, aus der zwei prächtige Jets an den Polen herausragen. Die Lage dieser Objekte im Raum kann uns verschiedene Ansichten bieten. Wir können seitlich auf das Objekt schauen oder auch von oben auf die helle Scheibe. In günstigen Fällen schauen wir genau auf den Jet des Schwarzen Lochs. Und genau das scheint im Falle der Blasare der Fall zu sein. Der Jet, der starken Schwankungen unterlegen ist und dessen Raumbereich übersichtlich klein ist, scheint für die Helligkeitsschwankungen des Blasars verantwortlich zu sein.

Die Jets zeigen knotenähnliche Gebilde, die sich scheinbar mit Überlichtgeschwindigkeit bewegen können. Scheinbar bedeutet scheinbar. Wir haben es nicht mit der Verletzung der Relativitätstheorie zu tun. Es ist ein geometrischer Effekt, bei dem die sehr hohe Geschwindigkeit der Jets, die ja nahe der Lichtgeschwindigkeit sein kann und der Winkel der Jets zu uns in einem Bereich ist, dass die Knoten scheinbar überlichtschnell wandern. Es handelt sich dabei nur um einen Projektionseffekt und ist mehr eine Frage der Geometrie als der Physik.

Aus der sicheren Distanz von 400 Millionen Lichtjahren scheint das schwache Pünktlein am Himmel eher unspektakulär. Doch braucht es schon eine sehr angeregte Phantasie, um sich die Vorgänge in dieser "Maschine" vorstellen zu können.

Der Blazar leuchtet 50 Milliarden mal heller als unsere Sonne. Allerdings erliegt das Objekt starken Helligkeitsschwankungen und gilt als veränderliches Objekt der Klasse der BL Lac-Objekte. Die Helligkeit variiert zwischen 12 Mag und 16 Mag. So kann Markarian 421 durchaus leicht in kleinen Geräten gesehen werden oder aber nur fotografisch in Erscheinung treten. Es ist also durchaus spannend, dieses Objekt bei Gelegenheit in Augenschein zu nehmen und 400 Millionen Jahre altes Licht auf sich einwirken zu lassen, welches auf spektakuläre Weise einem schwarzem Loch unvorstellbarer Größe entkommen ist.

Clear Skies,
Christian Overhaus

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