Beobachtungstipp im August 2012

Einer der größten und hellsten Planetarischen Nebel ist der Hantelnebel im Sternbild Füchslein. Gerade in den Herbstmonaten, wenn die Nächte länger und dunkler werden, kann man diesen wunderschönen Nebel im Randbereich der Sommermilchstraße beobachten. Bereits im Feldstecher fällt der helle Nebel auf, wenn man langsam von Albireo in Richtung Gamma Sagitta wandert. Seine wahre Pracht, erschließt sich aber erst im Teleskop bei Vergrößerungen oberhalb von 50-fach.

Hantelnebel M27
Hantelnebel M27

Schon der Kometenjäger Charles Messier, der ihn im Juli 1764 entdeckte, beschrieb den Hantelnebel als gut sichtbar im 3-Zoll-Teleskop. Messier sah einen ovalen Nebel ohne Sterne. Der Hantelnebel erhielt den Eintrag mit der Nummer 27 in seinem Katalog. Während der Astronom William Herschel den Hantelnebel für einen sehr ausgedehnten Doppelstern hielt, beschrieb ihn sein Sohn John Herschel als elliptischen Nebel. Den Namen Hantelnebel, zu englisch Dumbbell Nebula, verdankt er dem Astronom T. W. Webb, der in dem Hantelnebel zwei Gasmassen in Kontakt sah, die die Form einer Hantel bilden. Der helle Nebel beschäftigte die Astronomen des 18. und 19. Jahrhunderts sehr. Ihre visuellen Beobachtungen brachten dabei einige erstaunliche Erkenntnisse zu Tage. So beobachtete Lord Rosse Auflösungserscheinungen im Hantelnebel. J. E. Gore entdeckte gar eine Spiralstruktur. Neuzeitliche Beobachtungen beschreiben den Nebel einer Sanduhr oder einer Hantel nicht unähnlich. Im Gegensatz zu Messiers Möglichkeiten können die Sterngucker mit heutigen Geräten, neben der Hantelform, einige Sterne sehen, die durch den Nebel schimmern. Der für planetarische Nebel typische Zentralstern, der eine Helligkeit von 13 Mag aufweist, ist allerdings nur schwerlich auszumachen.

Keine Einigkeit herrscht über die Entfernung des Hantelnebels. Die Angaben schwanken von 490 bis 3.500 Lichtjahren. Man kann davon ausgehen, dass der Hantelnebel etwa 1.000 Lichtjahre von unserer kosmischen Heimat entfernt ist. Sein scheinbarer Durchmesser von 8x4 Bogenminuten lässt auf eine wahre Ausdehnung von 2,3 Lichtjahren schließen - ein wahrer Riese unter den Planetarischen Nebeln. Ausgehend davon, dass der Nebel sich mit 25km/s ausdehnt, kommt man auf ein Alter von über 30.000 Jahren. Auf astrometrischen Messungen findet man eine Expansion von einer Bogensekunde pro Jahr. Demnach könnte der Nebel sogar 48.000 Jahre alt sein. Das ist sehr ungewöhnlich für einen Planetarischen Nebel. In der Regel beträgt die Lebensdauer dieser Objekte nur ca. 20.000 Jahre.

Planetarische Nebel sind Überreste sonnenähnlicher Sterne. In der letzten Entwicklungsphase eines solchen Sterns, stößt der Stern in einer Art Sonnensuperwind einen Teil seiner Hülle ab. Der Stern, dessen Kernfusion im Zentrum zu erliegen kommt, fällt durch die enorme Gravitation in sich zusammen zu einem dichten, heißen Weißen Zwerg. Der Weiße Zwerg des Hantelnebels hat eine Oberflächentemperatur von 85.000°C. Die starke UV-Strahlung regt die sich ausdehnende Gashülle zum Leuchten an. Der Hantelnebel ist sozusagen, eine kosmische Leuchtstoffröhre. Die Expansion des Nebels verdünnt die Gashülle, so dass das Leuchten mit der Zeit schwächer wird und der Planetarische Nebel seine Helligkeit verliert. Der Weiße Zwerg kühlt mit der Zeit langsam ab. Wenn die Temperatur unter 30.000°C abkühlt, so reicht die Strahlung nicht mehr aus, um den Planetarischen Nebel zum Leuchten zu bringen. Somit ist die Lebensdauer dieser Objekte begrenzt.

Woraus besteht nun aber die Gashülle des Hantelnebels? Den größten Anteil hat der Wasserstoff mit 92%, es folgt erwartungsgemäß Helium, das einen Anteil von 7% ausmacht. Es finden sich aber ebenfalls Spuren von Sauerstoff und Stickstoff. Der Hantelnebel leuchtet, wie viele Planetarischen Nebel, im Licht des doppelt ionisierten Sauerstoffs, der so genannten O-III-Linie, sehr stark. Und das, obwohl der Sauerstoff nur in Spuren vorkommt. Hobbyastronomen setzten deswegen gerne OIII-Nebelfilter für die Beobachtung von Planetarischen Nebeln ein. Der Hantelnebel ist aber auch schon ohne Filtereinsatz ansehnlich. Ein Filter verschluckt übrigens auch die Hintergrundsterne im Nebel, deren Beobachtung viel Freude bereitet. Sicherlich gehört der Hantelnebel zu den prominentesten seiner Art. Kaum eine Herbstnacht, in der das kosmische Wunderwerk nicht in irgendeinem Okular zu finden ist. Tausende von Aufnahmen findet man in der Literatur und im weltweiten Netz. Dass dieser Nebel doch noch für Überraschungen gut ist, erlebte die astronomische Gemeinde im Jahr 2005. Genau genommen geht es dabei nicht um den Nebel selbst, eher um dessen Nachbarschaft. Auf einer Testaufnahme unseres Sternfreundes Jörg Hanisch, die auf den ersten Blick recht unspektakulär ein Bild des Hantelnebels zeigte, leuchtete nordöstlich des Nebels ein neuer Stern auf. Dieser neue Stern trägt nun den lyrischen Namen Var Vul 05 und ist ein kataklysmischer Veränderlicher der selteneren Art. Damit zählt Jörg Hanisch zu den wenigen deutschen Amateuren, die eine Entdeckung dieser Art gemacht haben.

Übrigens kann man im Nordosten des Hantelnebels auch einen Veränderlichen Stern entdecken. Dieser Stern heißt Goldilocks Veränderlicher und ist ein Sternchen der 15. Größe im Maximum, also wohl kaum was für den visuellen Beobachter.

Zum Schluß noch die Daten des Hantelnebels:
Planetarischer Nebel M27 (NGC 6853, PK 60-3.1)
RA 19h59m36 Dekl +22°43'00"
Durchmesser: 8' (2,5 Lj)
Helligkeit: vis 7.3 Mag
Distanz: ca. 1.000 Lj
Alter: vermutlich 30.000 Jahre

Sternfreundlicher Gruß und blauen Himmel,
Christian Overhaus

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