Beobachtungstipp im Mai 2013

Der Astrofotograf kennt das. Man fotografiert ein nettes Objekt am Sternenhimmel mit einer sehr langen Belichtungszeit und verarbeitet die Rohbilder später am PC zu einem ansehnlichen Astrobild. Wenn es gut läuft. Man betrachtet das Bild und sieht dort neben dem Vordergrundobjekt, welches man in der Regel ja gezielt angesteuert hat, noch einige kleine Nebelfleckchen oder man entdeckt einen kurzen Strich, der auf einen Kleinplaneten hindeutet. Oder ein Stern scheint hell an einer Stelle, an der vor ein paar Wochen noch kein Stern zu sehen war. Das sind die Momente, in denen der Forscherdrang des Hobbyastronomen geweckt wird. Doch wie geht man nun weiter vor?
Sternforschung am Heim-PC mit (fast) kostenloser Software ist möglich. In der Regel liegen die bearbeiteten Bilder in herkömmlichen Dateiformaten vor, wie BMP, JPG oder TIF. Für astronomische Zwecke ist jedoch das Dateiformat FIT besser geeignet. Die Umwandlung von herkömmlichen Bilddateien ins FIT-Format ist mit einigen astronomischen Bildverarbeitungsprogrammen möglich, die im Internet als Freeware zu erhalten sind, wie Fitswork, DeepSkystacker oder auch Registax. Das FIT-Format speichert neben den Pixeldaten des Bildes auch wichtige Parameter für astronomische Zwecke.

Daten im FIT-Format
Daten im FIT-Format

Neben den Aufnahmedaten können auch Positionsdaten und Photometriedaten gespeichert werden, so daß die auf dem Bild befindlichen Objekte bestimmt werden können mit Position in Rektaszension, Deklination und auch der Helligkeit in Mag. Allerdings bedarf es dazu noch einen bescheidenen Schritt. Die Datei muss astrometrisch ausgewertet werden. Hierzu eignet sich das Shareware-Programm Astrometrica von Herbert Raab hervorragend. Die Software gehört zu den besten und beliebtesten Sharewareprogrammen der Amateurastronomie. Obwohl der Umgang mit der Software recht leicht ist, bedarf es doch einiger Übung, mit dem Programm zurechtzukommen.

Das Programm benötigt für Ausrichtung des Bildes einige Daten zur Aufnahmeausrüstung, wie Pixelgröße der Kamera in µm und Brennweite des Objektivs usw. Nachdem diese Daten in die Voreinstellungen von Astrometrica eingegeben sind, kann das FIT-Bild geladen werden. Bevor das Bild erscheint, gibt der Autor des Programms die Möglichkeit, die Aufnahmezeit zu korrigieren. Das ist sinnvoll, wenn man Kometen oder Kleinplaneten auswerten möchte. Für das Identifizieren von Galaxien und Sternen dürfte die Aufnahmezeit unerheblich sein.

Astrometrica
Astrometrica

Die Ausrichtung des Bildes erfolgt anhand von Sternen, die verschiedenen Sternkatalogen entnommen werden und online abgefragt werden (USNO, UCAC-Kataloge). Wenn das Bild ordentlich in Nordsüdausrichtung vorliegt und die Position der Bildmitte in Rektaszension und Deklination bekannt ist, richtet das Programm die Messung automatisch ein. Bei Verschiebungen muss man versuchen, die Sterne des Bildes mit entsprechenden Sternmarken des Programms in Deckung zu bringen. Das erfordert schon mal etwas Übung. Die Astrometrie gelingt im Bereich von Zehntel Bogensekunden. Die astrometrierte FIT-Datei muss nun erneut gespeichert werden und kann jetzt mit wissenschaftlichen Programmen untersucht werden. Eines dieser Programme ist die JAVA-Applikation ALADIN, die im Internet frei erhältlich ist.

Aladin
Aladin

Aladin arbeitet mit einer Overlay-Technik, mit der man verschiedene Sternkarten und Datenbanken über die eigene Aufnahme legen kann und per Mausklick sämtliche Informationen zu dem abgebildetem Objekt bekommt. Die Aufnahme des Kugelsternhaufens NGC 5466 wurde hier mal beispielsweise ausgerichtet und mit ALADIN untersucht. Das Overlay zeigt die Daten der SIMBAD-Datenbank. NGC 5466 scheint eine große Zahl von Blue Stragglers zu besitzen. Angeklickt zur Identifikation ist aber der Quasar QSO B1402+2850 in der Umgebung des Kugelsternhaufens. Dieser Quasar ist auf der Aufnahme als kleiner schwacher Fleck zu erkennen und besitzt die 19. Größenklasse. Weitere Recherchen ergeben eine Rotverschiebung vom 1,91. Das bedeutet, daß das Universum seit der Aussendung des Lichtes um den Faktor 3 expandiert ist. Der Quasar ist etwa 10 Milliarden Lichtjahre entfernt. Sein Licht sendete er aber zu einer Zeit aus, als er nur 3 Milliarden Lichtjahre entfernt war.

Es ist natürlich nicht ganz ohne Aufwand, sich mit dem eigenen Bild derartig zu beschäftigen. Aber angesichts der Wetterbedingungen in Westeuropa hat man ja auch oft Zeit zwischen den nutzbaren Nächten sich seinen Bildern anzunehmen. Neue Entdeckungen sind leider sehr selten, aber nicht unmöglich. Gelegentlich mogelt sich ein Kleinplanet ins Bild oder es taucht eine Nova auf. Mit etwas Glück kann man sich in die Riege der Entdecker einreihen.

Ich wünsche schon mal viel Erfolg und Freude an wissenschaftlicher Arbeit!

Sternfreundlicher Gruß,
Christian Overhaus

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