Beobachtungstipp im Juli 2014

Als Mitteleuropäer leben wir in ewiger Dämmerung. Es gibt kaum noch Orte, an denen wir einen natürlichen Nachthimmel erleben können. Die schwarze Nacht ist von einem grau-rötlichen Schleier durchzogen, welcher von Jahr zu Jahr intensiver wird. Europa - ein Kontinent, der 750 Mio. Menschen beherbergt, deren Lebensweise große Mengen an Aerosolen und Feinstaub in die Atmosphäre entlässt und diese nachts mit einer Lichterflut gut beleuchtet.

Lichtverschmutzung und Lichtsmog sind die Schlagworte, die die Astronomie stark einschränkt. Die zukünftige Entwicklung ist ungewiss. Einerseits findet das Thema Lichtverschmutzung Platz in den Medien und wird größeren Bevölkerungsgruppen zugänglich. Neben den Sternfreunden sehen auch weitere Umweltverbände die Gefahren der zunehmenden Lichtflut. Andererseits sorgt die LED-Revolution dafür, daß die Lichtausbeute und damit die Energiekosten für Beleuchtung optimiert werden. Viele Städte rüsten auf LED-Technik bei der Straßenbeleuchtung um, sind aber nicht mehr so rücksichtsvoll, was die Stärke der Beleuchtung angeht, weil das Thema Lichtverschmutzung nicht berücksichtigt wird. Für die Astronomie besonders tragisch, weil die LEDs ein Vollspektrum besitzen und diverse kontraststeigernde Filter ihre Wirkung verlieren.

Mittlerweile gibt es einige Dark-Sky-Initiativen, die sich der Sache annehmen und das Problem Lichtverschmutzung messbar machen. Ein nicht ganz leichtes Unterfangen, da die Himmelshelligkeit von einigen Faktoren abhängig ist. Die statistische Erfassung erfolgt durch die Auswertung von Satellitenaufnahmen der Erde und örtlichen Messungen. Zu letzterem können Sternfreunde ihre Beitrag leisten. Dazu gibt es einige Initiativen, wie beispielsweise: hms.sternhell.at

Eine gängige Methode für die Bestimmung der Himmelsqualität ist die Bortle-Skala, die von John E. Bortle im Jahr 2001 in der amerikanischen Zeitschrift Sky and Telescope veröffentlicht wurde. Hiernach wird der Himmel in 9 Klassen eingestuft:

Bortle-Skala
Bortle-Skala

Helligkeitsmessungen können durch simples Sternezählen, mit Digitalkameras oder mit speziellen Messgeräten vorgenommen werden. In Amateurkreisen gibt es das Sky Qualitiy Meter, welches auf Knopfdruck mittels einer Fotozelle die Umgebungshelligkeit misst und in Mag / Quadratbogensekunde angibt. Die Werte sind recht gut reproduzierbar und helfen bei der Beurteilung der Beobachtungsbedingungen.

Messungen an unserem Standort in Borken ergaben eine Himmelshelligkeit von bestens 20,5 Mag / Quadratbogensekunde, welches einer Bortleeinteilung von 5 entspricht. Die Helligkeit ist natürlich sehr von der Witterungslage abhängig. Inversionswetterlagen erhöhen den Staubanteil in der Luft und hellen den Himmel auf. Günstiger ist der Durchzug einer Kaltfront mit klarem Himmel, sofern die Nebelneigung gering ist. Allerdings ist dann meistens die Luftunruhe (Seeing) besonders schlecht. Zum Vergleich erreicht man im Sternenpark Havelland Werte von 21,7 Mag / Quadratbogensekunde. Der Himmel ist dort um den Faktor 3 dunkler (Bortle 3).

Helligkeitsbestimmungen können aber auch mit einer handelsüblichen Digitalkamera vorgenommen werden. Grundlage ist die Kalibrierung der Kamera. Zum Vergleich der Bilder müssen die Aufnahmen unter gleichen technischen Bedingungen (Blende, Empfindlichkeit, Belichtungszeit, Bildausschnitt) geschehen. Die Auswertung der Daten kann durch einfache Bildbearbeitungsprogramme geschehen, die die Tonwerte der einzelnen Pixel wiedergeben. Je höher die Tonwerte des Himmelshintergrundes, desto heller ist der Himmel. Der Vergleich im häuslichen Umfeld zeigt schon, wie unterschiedlich die Bedingungen sein können. Dunkel ist eben nicht dunkel.

Tröstend muss man aber sagen, daß selbst unter den besten Bedingungen der Himmel nicht rabenschwarz ist. Der natürliche irdische Himmel hat eine Resthelligkeit, welche durch den Airglow verursacht wird. Airglow ist das grünliche oder rötliche Nachleuchten der geladenen Teilchen in der höheren Atmosphäre, welche durch die UV-Strahlung der Sonne entstehen. Im Fleckenmaximum, wenn also die UV-Helligkeit der Sonne zunimmt, werden die Luftmoleküle der Atmosphäre ionisiert. In der Nacht erzeugt die Rekombination das Leuchten des Airglow. Besonders gut ist das Phänomen von der ISS aus zu sehen. Wie ein grüner Schleier umgibt der Airglow die Erde. Im hohen Norden sind es Polarlichter, die den Himmel aufhellen. Aber auch hohe Aerosole durch Meteore und Vulkanstaub, die noch vom Sonnenlicht erreicht werden, hellen den Himmel auf. Dunkelster Himmel ist demnach also nur auf dem Mond zu erwarten.

Dennoch ist die Sorge um den Sternenhimmel nicht unbegründet. Mit dem Verschwinden der Sterne verschwindet auch das Interesse an den Sternen. Trotz farbenfroher Bilder von Galaxien und Nebeln ist es in erster Linie der visuelle Eindruck des gestirnten Himmels, welcher den Menschen in den Bann zieht. Darum ist es eine wichtige Aufgabe, die Lichtflut einzudämmen, damit die Menschen zukünftiger Generationen das wichtigste und schönste Kulturgut, den Sternenhimmel, nicht verlieren!

Natürlich gibt es hierzu auch eine passende App unter: www.fv-berlin.de/news/weisst-du-wie-viel-sternlein-stehen-2013-neue-app-misst-himmelshelligkeit

Clear Skies,
Christian Overhaus

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