Beobachtungstipp im Oktober 2014

Wilhelm Busch urteilte richtig, als er sagte: Das Weltall ist groß... besonders oben! Und seit seiner Schaffenszeit sind die Vorstellung und die Erkenntnisse weit gewachsen. Noch zu Beginn des 20 Jahrhunderts debattierte man über die Natur der vielen Nebelfleckchen, die man mit den Teleskopen beobachten konnte. Das Ergebnis dieser Debatte zeigte, dass die meisten Nebelfleckchen entfernte Milchstraßensysteme sind. Eine andere Möglichkeit bestand darin, daß es sich um galaktische Nebel handeln würde. Mit der Entdeckung der Galaxien kam schnell der Gedanke auf, das Ganze eine größere Dimension zu geben. Galaxien schienen auch die Gesellschaft anderer Galaxien zu lieben und traten in Haufen auf. So kam in den 40'er Jahren des letzten Jahrhunderts die Vorstellung einer Riesengalaxie, bestehend aus vielen Milchstraßensystemen auf. Diese Vorstellung konnte durch Beobachtungen bestätigt werden und es zeigt sich eine großräumige Struktur von Galaxienhaufen und Superhaufen mit vielen Tausend Mitgliedern.

Das Weltall ist voller Galaxien und sie sind überall. Die eindrucksvollsten Aufnahmen des Weltalls sind wohlmöglich die Deep Field Aufnahmen des Hubble Space-Telescopes. Langzeitbelichtungen, die einer Aufnahmedauer von 10 Tagen und mehr entsprechen, an Stellen des Himmels, an denen bisher nichts gesichtet wurde. Die für erdgebundene Teleskope offenbar leeren Raumgebiete füllen sich mit weit entfernten Galaxien. Doch auch wenn die Bilder den Eindruck einer mehr oder weniger strukturlosen Ansammlung von Welteninseln geben, zeigt sich das großräumige Weltall relativ strukturiert. Die Galaxien sammeln sich in haufenartigen Gebilden, die sich netzartig durch die Schwärze des Alls ziehen. Sie umweben wie ein Nervengeflecht große leere Räume, die man Viods nennt. In Skalen von mehreren Hundert Millionen Lichtjahren ist die Materie keineswegs gleichmäßig verteilt.

Milleniumsimulation
Milleniumsimulation, MPA Garching

Im Jahr 2005 veröffentlichten Astronomen zum ersten Mal die Ergebnisse der sogenannten Milleniumsimulation. Mit Großrechnern simulierten die Astronomen die Entstehung von Galaxienhaufen nach dem Urknall. Die Simulation zeigte Strukturen, die auch mit Teleskopen nachgewiesen werden konnten. Sie liefert ebenfalls ein Indiz auf die Dunkle Materie, die maßgeblich an der Entstehung der Strukturen beteiligt ist. Schon in den 80'ern fanden großräumige Durchmusterungen von Galaxien und Galaxienhaufen statt und man entdeckte einige große Strukturen, wie die Große Mauer oder der Große Attraktor oder der Perseus-Pisces-Superhaufen. Das sind Galaxienhaufen mit mehreren Hunderttausend Galaxien und Durchmessern von bis zu 500 Mio. Lichtjahren.

Im September 2014 veröffentliche eine Gruppe von Astronomen um Brent Tully, ein renommierter Galaxienforscher eine Arbeit über unseren Heimatsuperhaufen. Tully und seine Kollegen untersuchen die Eigenbewegungen von 8.000 Galaxien und kreierten ein dreidimensionales Modell unserer Heimat. Die Bewegung der Galaxien zeigte das Strömungsverhalten von 100.000 Galaxien, die diesem Superhaufen angehören. Die Galaxien beeinflussen sich gegenseitig durch ihre Masse.

Laniakea
Laniakea

Die 500 Mio. Lichtjahre große Struktur ist unsere kosmische Heimat, unser Kontinent im Weltall. Deshalb hat sie auch einen klangvollen Namen verdient: Laniakea. Dieser hawaiianische Ausdruck bedeutet so viel wie Unermesslicher Himmel. Laniakea wird durch die Gravitation des Großen Attraktors und dem dahinter liegenden Shapley-Superhaufen beeinflusst. Ebenfalls steht Laniakea mit dem Perseus-Pisces-Galaxienhaufen in enger Verbindung.

Diese aufregende Entdeckung findet breites Echo in den Medien, wie ich meine, auch verdient. Also: Willkommen in Laniakea.

Clear Skies,
Christian Overhaus

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