Beobachtungstipp im März 2016

Der Tag der Astronomie ganz im Zeichen des Mondes. Verdient hat er es ja, der treue Begleiter. Viele Milliarden Jahre verfolgt er das Geschehen auf der Erde. Könnten wir ihn befragen, wird er uns von der Entstehung der Ozeane erzählen, die Wanderung der Kontinente, den kosmischen Katastrophen der Vergangenheit. Er wird von den ersten Einzellern erzählen können und auch von der Spezies, die erste Spuren auf ihm hinterlassen hat. Die steinige Wüste selbst hat offensichtlich auch viel erlebt. Dennoch ist die Geschichte der Erdoberfläche rasanter und spannender. Der Mond verdankt seine Existenz vermutlich einer kosmischen Katastrophe. In der Frühzeit des Sonnensystems traf ein großes Objekt die junge Erde und hat dabei einen Teil der Masse der Erde ins All geschleudert. Die Teile blieben in einer Umlaufbahn um die Erde und außerhalb der sogenannten Roche-Grenze, bei der die Gezeitenkraft der Erde die Entstehung eines Himmelskörpers verhindert hätte. Dort bildete sich der Mond in recht kurzer Zeit. Wenige Jahre brauchte die erneute Agglomeration der Mondmasse. Wie und welcher Art der Impaktor gewesen ist, bleibt noch unklar. Ging man bis vor kurzem noch von einem Streifschuss eines marsgroßen Körpers aus, so denkt man jetzt wieder über einen Volltreffer nach. Grund hierfür ist die große Übereinstimmung der Mond - und Erdminerale. Alternative Entstehungstheorien gibt es zu genüge. Da wäre die Einfangtheorie oder die gemeinsame Entstehung eines Doppelplanetensystems, die Abspaltungstheorie oder seit neuestem eine Georeaktor-Explosionstheorie. Hierbei soll ein natürlicher Uranreaktor explodiert sein, der das Erdmaterial in die Umlaufbahn schleuderte. Diese Theorie könnte die Zusammensetzung des Mondes gut erklären. Der Uranreaktor ist allerdings schwer vorstellbar. Natürliche Uranreaktoren sind möglich. Ein prominentes Beispiel ist der Reaktor Oklo in Gabun, der zeitweise bis zu 100kW Energie lieferte. Allerdings ist das 2 Milliarden Jahre her und niemand nutzte diese Energie, soweit bekannt ist.

Der Mond ist ein Teil der Erde und beide umkreisen einen gemeinsamen Schwerpunkt. Dieser liegt wegen der größeren Masse der Erde innerhalb des Erdmantels, ca. 4.700km vom Erdkern entfernt. Der Abstand des Mondes eiert wegen der elliptischen Bahn zwischen 356.410 und 406.740km.

Der Mond stand der Erde in der Vergangenheit viel näher. Das bedeutet, dass auch die Gezeitenkräfte einen viel größeren Einfluss hatten. Sie sorgten schnell für die gebundene Rotation des Mondes und sorgten auch dafür, dass sich die Erdrotation kontinuierlich verlangsamt. Die Gezeitenkräfte bremsen die Rotation der Himmelskörper ab und übertragen die Energie auf die Bahnbewegung des Mondes. In der Physik nennt man das Drehimpulserhaltung. Langsam, etwa 3,8cm pro Jahr, entfernt sich der Mond von der Erde. Die dazu benötigte Energie stiehlt er der Erde. Der Mond wird dabei mit 4,5 Milliarden Pferdestärken beschleunigt. So wurde aus dem anfänglichen "2-Stunden-Tag" ein "24-Stunden-Tag". In vielen Milliarden Jahren werden Erde und Mond gebunden rotieren und die Tageslänge wird sich auf 1,5 Monate verlängert haben. Allerdings spielt dann die Sonne eine größere Rolle. Sie entzieht dem Erde-Mondsystem wieder die Energie des Drehimpulses, so dass der Mond zur Erde zurückkehren wird. Innerhalb der Roche-Grenze zerreißt die Erde den Mond. Zeitweise wird unsere Erde zum Ringplaneten. - So die Theorie.

Leider wird dieses Szenario wohl kaum eintreten, weil die Lebenszeit der Sonne zu kurz ist, um Erde und Mond wieder zu vereinigen. Das ganze Schauspiel dürfte in über 30 Milliarden Jahren stattfinden. Die Zukunft des Erde-Mondsystems ist ungewiss. Das gesamte Sonnensystem zeigt auf lange Sicht chaotisches Verhalten. Die scheinbare Stabilität verliert sich bei der Betrachtung größerer Zeiträume.

Für die Menschen ist der Mond ein alltäglicher Begleiter. Seit sie auf der Erde erschienen sind, zeigt er ihnen das gleiche Gesicht. Die Vorstellung und das Bild, das wir vom Mond haben, veränderte sich im Laufe der Geschichte. Im Altertum als Gottheit und als Zeitgeber verehrt, so hilft er heute scheinbar nur noch Menschen mit dem Hang zum Esoterischen. Der Einfluss des Mondes auf unser tägliches Leben verliert mehr an Bedeutung. Küstenbewohner leben mit dem Auf- und Ab der Gezeiten. Auch wenn der Mond dabei die Rolle spielt, so ist es nicht nötig, ihn zu beobachten, wenn man die Gezeiten vorhersagen möchte. Dennoch macht der Volksglaube den Mond für viele Dinge verantwortlich ohne dass es wissenschaftliche Erklärungen dafür gibt. Doch auch wissenschaftlich sind wir vom Mond nicht unberührt.

Sein Wirken auf die Menschen ist nicht mehr so direkt. Doch verdanken wir dem Mond eigentlich die gesamte Existenz. Das Erde-Mondsystem sorgt für die Stabilität der Erdbahnachse. Seine Bremswirkung auf die Erdrotation hat nicht nur die Tageslänge beeinflusst. Eine schnell rotierende Erde hätte sehr unwirkliche Klimaverhältnisse. Zudem treibt die Abbremsung der Erde zum großen Dynamo bei, der es ermöglicht, ein schützendes Magnetfeld aufzubauen. Der Erdkern rotiert etwas schneller, weil er die Bremswirkung verzögert bemerkt. Die differenzielle Rotation des Erdinneren sorgt für den Dynamoeffekt. Der Mond hat aber dennoch direkten Einfluss auf Verhaltensweisen der Erdbewohner.

Viele Tierarten haben sich dem Mondrhythmus angepasst. Meeresschildkröten passen ihre Eiablage so ab, dass der Nachwuchs im Lichte des Vollmondes ins Meer gelangen kann. Leider hat der Mond in unserer Zeit große Konkurrenz bekommen. Die künstliche Beleuchtung nimmt immer mehr zu. Die jungen Schildkröten folgen vermehrt den Lichtern der Stadt und werden zu Tausenden überfahren. Obwohl es in einigen Küstengebieten Floridas Schutzmaßnahmen gibt, ist die Zahl überfahrener Schildkröten steigend.

Ebenso orientieren sich Insekten an Mond und Sternen und verwechseln die Gestirne mit Straßenlaternen. Ein tödlicher Irrtum für Milliarden von Insekten pro Sommernacht, allein in Deutschland.

Der Mond ist auch gerne dafür verantwortlich, dass sich Sterngucker und Jäger nicht in die Quere kommen. Während die Sterngucker mehr die mondlosen Nächte für ihre Aktivitäten aussuchen, kann der Jäger bei Vollmond das Objekt seiner Begierde besser sehen. Wer weiß, ob das Wild die Sache nicht irgendwann durchschaut.

Für Visionäre bietet der Mond ganz andere Möglichkeiten. Russische Wissenschaftler schlugen unlängst vor, den Mond mit einer weißen Schicht zu überziehen, um Energie für die nächtliche Beleuchtung zu sparen. Der Mond ist an sich ja ein sehr dunkler Körper. Er reflektiert nur 7% des Sonnenlichts. Würde man das Albedo, also das Reflexionsvermögen, erhöhen, wären Mondnächte wesentlich heller. - Gottseidank nur eine Spinnerei!

Möglicherweise kann der Mond aber irgendwann als Rohstofflieferant herhalten (müssen). Noch aber ist Erzabbau auf dem Mond sehr unwirtschaftlich. Interessant wäre aber das Vorkommen von Helium-3 für die Energie der Zukunft. Helium-3 könnte in Fusionsreaktoren zum Einsatz kommen. Heute findet Helium-3 Anwendung in der Medizin und der Kühltechnik. Die Geschichten erinnern ein wenig an die Parabel "Der kleine Häwelmann" von Theodor Storm. Dieser ließ sich gerne in seinem Rollenbettchen umherrollen und nahm dafür auch die Dienste des Mondes in Anspruch. Da er nicht genug bekam und immer "mehr, mehr" forderte, verärgerte er den Mond und dieser verschwand mitsamt der Sterne. So war der kleine Häwelmann alleine im Universum und fürchtete sich.

Vielleicht eine Mahnung an die Menschen, deren Gier unersättlich ist und die Gefahr laufen, deswegen alles zu verlieren.

Schließen möchte ich hier mit einem der schönsten Mondgedichte von Matthias Claudius:

Der Mond ist aufgegangen, Die goldnen Sternlein prangen
Am Himmel hell und klar;
Der Wald steht schwarz und schweiget,
Und aus den Wiesen steiget
Der weiße Nebel wunderbar.

Wie ist die Welt so stille,
Und in der Dämmrung Hülle
So traulich und so hold!
Als eine stille Kammer,
Wo ihr des Tages Jammer
Verschlafen und vergessen sollt.

Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen,
Und ist doch rund und schön!
So sind wohl manche Sachen,
Die wir getrost belachen,
Weil unsre Augen sie nicht sehn.

Sternfreundliche Grüße,
Christian Overhaus

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