Beobachtungstipp im April 2016

"Merkur ist wohl ein durchsichtiger Planet. Niemals sah ich ihn vor der Sonne herziehen." Diese Äußerung wird dem marokkanischem Astronom Alpetragius, der im 13. Jahrhundert lebte, zugesprochen. Einige Male wurden Sonnenflecken fälschlicherweise für den Merkur gehalten. Die Erscheinungen von Sonnenflecken waren in der vorteleskopischen Zeit eher unbekannt, obwohl bestimmte Wetterlagen es erlauben, Sonnenflecken mit unbewaffnetem Auge zu sehen. Merkur, mit einem Durchmesser von 4.878 km, ist allerdings zu klein, um ihn bei einer Entfernung von über 80 Millionen Kilometer ohne teleskopische Hilfe sehen zu können. Am 9. Mai 2016 beträgt sein scheinbarer Durchmesser gerade mal 12 Bogensekunden. Die Sonnenscheibe, zum Vergleich, hat einen Durchmesser von 1895 Bogensekunden.

Merkur schattet das Sonnenlicht gerade mal um 0,004% ab. Ein Venustransit verdeckt immerhin 0,1% der Sonnenscheibe. Die erste dokumentierte Beobachtung eines Venustransits fällt auf das Jahr 1639 zurück. Der Amateurastronom Jeremiah Horrocks beobachtete den Venusvorübergang in dem kleinem Ort "Much Hole" nahe Liverpool (UK).

Die etwas häufigeren Merkurtransite verliefen bis dahin unbeobachtet. Der deutsche Mathematiker und Astronom Johannes Kepler berechnete Merkur- und Venustransite bis ins Jahr 1636. Kepler, der am 15. November 1630 in Regensburg 58-jährig verstarb, erlebte seinen berechneten Merkurtransit nicht mehr. Um 7. November 1631 konnte der französische Astronom und Naturphilosoph Pierre Gassendi den Transit des Merkurs beobachten. Er bestimmte den Durchmesser mit 20 Bogensekunden und korrigierte den von Tycho de Brahe angenommen Wert von 130 Bogensekunden um ein Vielfaches. Der deutsche Astronom und Bierbrauer Hevelius fand einen noch kleineren Wert. Die Vorhersage dieser Ereignisse wurden als Beweise für die Richtigkeit der Keplerschen Gesetze angesehen, insbesondere des ersten keplerschen Gesetzes und untermauerten das heliozentrische Weltbild.

Ein weiterer großer Name ist mit Merkurtransiten in Zusammenhang zu bringen. Der Brite Edmund Halley beobachtete den Transit des Merkurs am 7. November 1677 und ersann sich die Möglichkeit zur Bestimmung der Astronomischen Einheit. Zur Erinnerung, die Astronomische Einheit ist der mittlere Abstand der Erde zur Sonne. Zu Halleys Zeit kannte man die Abstände der Planeten im Sonnensystem relativ zueinander. Grundlage für die Berechnungen war die Astronomische Einheit. Es fehlte den Astronomen aber die Umrechnung in ein irdisches Maß, wie Kilometer oder Meilen. Ein Transit ermöglicht wegen der besonderen geometrischen Anordnung der Himmelskörper die Bestimmung der Sonnenparallaxe. Dazu müssen simultane Beobachtungsdaten von verschiedenen Orten der Erde aus verglichen werden. Halley regte die Beobachtung eines Transits an und erarbeitete eine genaue Methode zur Berechnung der wichtigen Sonnenparallaxe. Jedoch schlug er für die Beobachtung einen der seltenen Venustransite vor, weil diese besser zu beobachten sind. Die Arbeiten Halley lösten in den Jahren 1761 und 1769 eine Flut von Transitexpeditionen aus, um den seltenen Venustransit zur Bestimmung der Sonnenparallaxe zu beobachten.

Die Merkurtransite im Jahr 1723 und 1753 lieferten hingegen sehr ungenaue Ergebnisse für die Sonnenparallaxe. Die Astronomen legten aber mehr ein Augenmerk auf das Vorhandensein einer Merkuratmosphäre oder eines Merkurmondes. Merkur ist wegen der Sonnennähe ein sehr schwieriges Objekt. Nur wenige Details waren vorm Raumzeitalter bekannt. Sichere Beobachtungen eines Mondes oder einer Atmosphäre konnten nicht gemacht werden. Die Schwierigkeit visueller Beobachtungen mit frühen optischen Geräten führte zu einigen merkwürdigen Beobachtungen, wie Farbsäume, Lichtpunkte oder Schattierungen auf der Merkuroberfläche. Es ist aber davon auszugehen, dass diese Phänomene auf Unzulänglichkeiten der optischen Systeme und der Wahrnehmung der Astrononen zurückzuführen ist. Beispiele dieser Art, wie das Tropfenphänomen beim Venustransit oder die Marskanäle, gibt es viele.

Merkurs Bahn ist um 7 Grad gegen die Ekliptikebene geneigt. Obwohl der Merkur nur 88 Tage benötigt, um die Sonnen zu umrunden, sind Transitereignisse selten. Merkur zieht zumeist oberhalb oder unterhalb der Sonne vorbei. Die Bahnknotenpunkte durchwandert der Merkur zur Zeit im Mai oder November, deshalb kann am 9. Mai 2016 ein Merkurtransit vor der Sonne beobachtet werden. Zuletzt fand ein Transit am 9. November 2006 statt. Dieser war für uns Mitteleuropäer leider nicht beobachtbar. Am 7. Mai 2003 war der Transit hingegen gut zu beobachten.

Um 13:12 Uhr (MESZ) tritt der "kleine schwarze Körper" auf die Sonnenoberfläche. Der Austritt findet um 19:40 Uhr statt. Die Sonne steht dann nur knapp über dem Horizont. Der Austritt wird nur bei guten Bedingungen und guter Standortwahl zu sehen sein. Das Wetter der letzten 10 Jahre räumt uns keine schlechten Chancen zur Beobachtung ein. Optimales Wetter herrschte an 3 von 10 Tagen. Ebenso waren es 3 Tage, die keine Chance auf Beobachtung des Transits zuließen. Die Wahrscheinlichkeit einen Blick auf den Merkur vor der Sonne zu erhaschen liegt statistisch immerhin bei 70%, wenn man die letzten 10 Jahre betrachtet. Der Transit dauert schließlich auch über 6 Stunden an. - Also ein gemütlicher Nachmittag am Teleskop!

Sternfreundliche Grüße,
Christian Overhaus

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