Beobachtungstipp im Mai 2016

Am 22. Mai 2016 geht der Mars in die Oppositionsstellung und ist uns auf 76 Mio. km nahe gekommen. Leider wandert er sehr tief im Sternbild Skorpion durch die Ekliptik und begegnet seinem stellaren Pendant, dem Antares. Antares bedeutet "Gegenmars". Den frühen Astronomen fiel wohl die rote Farbe beider Himmelskörper auf.

Der Mars scheint schon von Beginn an der Lieblingsplanet der Menschen gewesen zu sein. Jedenfalls bekam er in der Vergangenheit die größte Aufmerksamkeit. Seine rote Farbe machte ihn zum Symbol des römischen Kriegsgotts Mars. In der griechischen Mythologie war es Ares, der diesen Platz einnahm. Die Erscheinungen des Mars machten den frühen Astronomen große Probleme bei der Berechnung der Bahn. Seine seltsamen Oppositionsschleifen konnten nicht so recht mit dem ptolemäischen Weltbild in Einklang gebracht werden. Die Vorstellung eines geozentrischen Weltsystems, in dem sich alles um die Erde bewegt, erklärte schwerlich das seltsame Verhalten der Planeten. Die Schleifen des Mars waren besonders ausgeprägt, auch wegen seiner Nähe. Die stark exzentrische Bahn machte sich zudem mit großen Helligkeitsunterschieden bemerkbar. Sehr schwer war das Verhalten erklärbar.

Große Fortschritte erreichte erst Johannes Kepler im 16. Jahrhundert. Er wertete die Beobachtungsdaten von Tycho de Brahe aus, die dieser in gut ausgerüsteten Sternwarten sammelte. De Brahe, ein streitlustiger Mensch, erlebte die erfolgreichen Berechnungen Keplers nicht mehr. Kepler musste vielmehr mit De Brahes Erben kämpfen, um die wertvollen Positionsdaten, sogenannte Ephemeriden, verwenden zu dürfen. Jedenfalls lösten Keplers Gesetze für Planetenbahnen die alte Vorstellung von Ptolemäus ab und langsam, aber unaufhaltsam, setzte sich ein heliozentrisches Weltbild durch. Die Rätsel der Marsbahn waren gelöst. In den folgenden Jahren waren die Astronomen dann mehr mit den Planeten Jupiter und Saturn beschäftigt, die mit der neuen Erfindung - dem Teleskop - eigentümliche Dinge zeigten. Zuvor waren Monde und Ringsysteme nicht bekannt. Vielleicht verschwand der Mars deswegen etwas im Hintergrund. Der Astronom Huygens beobachtete im Jahr 1659 aber Oberflächendetails, wie die große Syrte. Er vermutete übrigens schon, daß der Marstag ähnlich der Erde um die 24 Stunden andauerte. Wenige Jahre später konnte sein Kollege Cassini diesen Wert auf 24 Stunden und 40 Minuten korrigieren. Mit der Verbesserung von Teleskopen im 18. und 19. Jahrhundert, erlebte die Marsforschung weiteren Auftrieb.

Mittlerweile war die optische Auflösung so gut geworden, daß man feinere Oberflächendetails auf dem Mars erkennen konnte. Die Aufklärung hatte die Denkschranken des Mittelalters überwunden und die Erscheinung des Mars mit seinen Kontinenten und den Polkappen regte wieder die Fantasie der Astronomen an. Im Jahr 1830 wurde die erste Marskarte angefertigt, die die Große Syrte und auch die Polerscheinungen zeigte. Detailliertere Karten folgten. Im Jahr 1877 entdeckte der italienische Astronom Giovanni Schiaparelli feine Linien auf dem Mars, die er für Spuren einer Zivilisation auf dem roten Himmelskörper hielt. Die Vorstellung von extraterristischen Leben beflügelte die Fantasie der Menschen ins Unermessliche. Nicht nur die Bewohner des Mars, sondern auch die von Mond und Venus, vielleicht auch die der Jupitermonde, entsprangen den Köpfen der Menschen. Dreihundert Jahre zuvor hätten öffentliche Bekundungen in diese Richtung wahrscheinlich in die Folterkammern der Inquisition geführt. Die nachfolgenden Forschungen, die teleskopisch-visuell erfolgten, zielten auf die Erkundung der Marsoberfläche. Der Nachweis von Leben war vermutlich mehr der Populärwissenschaft zuzuschreiben. Die Marskanäle erregten aber einiges an Aufmerksamkeit. Einige Beobachter bestätigten Schiaparellis Sichtung. Die Kanäle wurden als Vegetationsstreifen längs Flussläufen gedeutet, die zur künstlichen Bewässerung dienten. Den Astronomen war bereits klar, dass Mars ein recht trockener Planet sein musste. Intelligente Bewässerungssysteme waren dem entgegenzusetzen. Die Astronomen beobachteten auch bereits Wetterphänomene und gingen von regennassen Niederschlägen aus. In den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts wurden die ersten spektroskopischen Beobachtungen gemacht. Das größte Interesse bestand im Nachweis von Wasserdampf in der dünnen Marsatmosphäre.

Nichts destotrotz wurde die Oberfläche weiterhin visuell beobachtet. Die Beobachtung und die detailgetreuen Zeichnungen übertrafen damals in den 20'ern des letzten Jahrhunderts noch die Möglichkeiten der Fotografie. Interessiert verfolgten die Astronomen Wetterphänomene und jahreszeitliche Erscheinungen auf der Oberfläche des Planeten. Auch wenn ernsthafte Astronomen nicht von intelligentem Leben auf dem Nachbarplaneten ausgingen und auch die Marskanäle kritisch betrachteten, war man durchaus davon überzeugt, primitives Leben in Form von Flechten und Moosen vorzufinden.

Zeitsprung - 80 Jahre darauf - die Marsforschung heute...
In den 50'er und 60'er Jahren begannen die Nationen mit der Eroberung des nahen Weltraums. Mittlerweile sind einige kleine Raumschiffe an den Rand des Sonnensystems gelangt. Der Mars gehört aber seit je her zu den Spitzenreitern der Weltraumforschung. Über 40 Marsmissionen sind weltweit gestartet worden, weitere sind geplant. Man kann sagen, dass die Oberfläche des Mars besser erkundet worden ist, als die der Erde. Das liegt aber daran, dass die Erdoberfläche zu 70% unter Wasser liegt. Wasser auf dem Mars ist immer noch ein großes Thema. Bisher wurden nur geologische Formationen und Mineralien gefunden, die auf Wasservorkommen in der Vergangenheit hinweisen. Der Mars besitzt nicht die Masse, um eine dichte Atmosphäre um sich zu halten. Der Bodendruck am Mars beträgt nur 6 Hektopascal (Erde ca. 1.013 hPa). Unter diesen Bedingungen kann es kein flüssiges Wasser geben. Zudem ist die UV-Strahlung sehr stark, so dass Wassermoleküle aufgespalten werden in Sauerstoff und Wasserstoff. Dies geschah in der Vergangenheit wohl im großen Stil. Dabei oxidierte der Sauerstoff das Eisen der Marsoberfläche und sorgte für die rote Farbe. Das leichtflüchtige Element Sauerstoff entwich ins Weltall. Leben, wie Flechten und Moose sind bisher Fehlanzeige. In den 80'er Jahren machte ein Marsmeteorit, der in der Antarktis gefunden wurde, Furore, weil angeblich Spuren einzelligen Lebens auf ihm zu finden war. Dies erwies sich als falsch. Mars bleibt eine trockene Wüste. Allerdings vermuten Astronomen noch Wasservorkommen in den Tiefen des Marsuntergrunds. Es gibt Hinweise, dass vor etwa 2 Milliarden Jahren die Atmosphäre des Mars viel dichter war und es dort vielleicht sogar Ozeane gab.

Es ist schon faszinierend. In den 30'er Jahren des letzten Jahrhunderts gab es nur Zeichnungen der Marsoberfläche, die mit irdischen Teleskopen angefertigt wurden. Diese regten die Fantasie der Menschen derart an, dass eine Radiosendung über einen fiktiven Angriff von Marsianern, zu einer Panik in der Bevölkerung führte. Keine Hundert Jahre später gibt es genaue Marskarten, hochauflösende Bilder der Marsoberfläche, aufgenommen von kleinen Fahrzeugen auf dem Mars. Der erste Mensch auf dem Mars ist die Fiktion der heutigen Zeit. Mark Whatney konnte im Kinoblockbuster realitätsnah auf der Marsoberfläche herumsausen ("Der Marsianer"). Der Mars hat viele seiner Geheimnisse preisgegeben. Die Science-Fiction-verwöhnten Menschen staunen schon lange nicht mehr über die Aufnahme von Wüstenlandschaften des Roten Planeten. Der Anblick des Roten Planeten im Amateurteleskop aber bleibt faszinierend und kaum ein Mensch kann sich der Faszination entziehen. Mit eigenen Augen sehen ist immer noch eine tiefgreifende Erfahrung!

Sternfreundliche Grüße,
Christian Overhaus

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