Beobachtungstipp im November 2017 Das erste optische Instrument eines zukünftigen Hobbyastronomen ist in der Regel ein Fernglas. In vielen Haushalten liegen, oftmals verstaubte, Exemplare herum, die dann aus verschiedensten Anlässen hervorgekramt und dann zum Beispiel auf den Mond gehalten werden. Und da kann so ein altes 7x50-Fernglas aus Opas Nachlass schon der Blick in eine andere Welt sein. Wobei die alten Ferngläser in der Regel ein viel besseres Bild liefern als der "Low-Cost"-Schrott der Discounter, die gerade zu Weihnachten versuchen, billigste Kunststoffröhren an den Mann zu bringen. Man mag den Eindruck bekommen, bei 20,00 Euro kann man nix falsch machen. Dabei hat man mit dieser Denkweise schon alles falsch gemacht und den Plastikmüllproduzenten Geld zugeschoben. Daher sollte man beim Kauf eines Fernglases durchaus ein wenig mehr investieren und man erhält einen treuen Begleiter, der viele Jahre nicht nur den Sternenhimmel näher bringt... Soviel zum Einstieg... Welche Ziele kann ich mit einem Feldstecher erreichen? Wie tief kann ich ins Weltall schauen? Der Unterschied zum Teleskop ist weniger groß als es die Neueinsteiger vermuten mögen. Wir beschränken uns hier mal auf die visuelle Beobachtung und lassen die fotografische Beobachtung außen vor. Diese erfordert sowie einen viel größeren instrumentellen Aufwand. Der größte Unterschied zwischen astronomischen Teleskopen und Ferngläsern liegt in der Vergrößerung. Der Bereich der Vergrößerung bei "normaler" teleskopischer Beobachtung liegt bei 50- bis vielleicht 400-facher Vergrößerung. Als angenehmer Arbeitsbereich würde ich 100- bis 200-fache Vergrößerung für Teleskope vorsehen. Ein handelsübliches Fernglas arbeitet im Bereich von 7- bis 10-fach. Dadurch werden kleine Objekte nicht mehr ausreichend vergrößert und sie verlieren ihren Eindruck. Auf der anderen Seite gibt es viele schöne Eindrücke, die ein großes Gesichtsfeld erfordern, das man nur mit kleinerer Vergrößerung erreicht. Hier stehen Teleskope hinten an. Ein wichtiger Faktor bei der Beobachtung des nächtlichen Himmels ist die Austrittspupille eines Gerätes. Das Teleskop oder Fernglas sammelt das Licht und bündelt den Sehstrahl auf eine kreisförmige Fläche am Augenende, also dem Okular. Im optimalen Fall ist diese Fläche genauso große wie die Pupille des Beobachters in der Nacht. Ist sie größer, wird Licht verschenkt, weil der Beobachter die Lichtdusche gar nicht voll ausnutzt. Ist sie kleiner, könnte eine größere Optik, die mehr Licht sammelt, mehr zeigen. Dazu muss man wissen, dass die Pupillen eines Menschen bei Dunkelheit bis zu 9mm geöffnet werden können, bei älteren Menschen bis zu etwa 5mm. Unsere Sehfähigkeiten lassen im Alter leider nach. Untersuchungen haben aber ergeben, dass der Sehverlust viel weniger dramatisch abläuft, als es in älterer Literatur beschrieben ist. Die Sehfähigkeiten sind, wie die Menschen, sehr unterschiedlich. Und so gibt es auch Menschen jenseits der 70, die ihre Pupillen noch locker über 5mm Durchmesser öffnen können. In der Literatur ist da schon mal die Rede von 2-3mm. Wie errechnet sich die Austrittspupille eines Fernglases? Nichts einfacher als das. Man teilt den Durchmesser des Objektivs durch die Vergrößerung. Ein Fernglas mit 10x50 hätte somit eine Austrittpupille von 5mm, ein 7x56mm-Fernglas besitzt eine Austrittspupille von 8mm. Hier muss die Pupille des Beobachters bereits auf 8mm Durchmesser angewachsen sein, damit das Auge die volle Leistung des Fernglases aufnehmen kann. Bei teleskopischer Beobachtung spielt die Austrittspupille eine größere Rolle. Dafür ist die menschliche Pupille nicht so von Bedeutung. Für eine Beobachtung mit 100-facher Vergrößerung benötigt man bereits eine "20-Zoll"-Optik (Durchmesser 500mm!) um eine Austrittspupille von 5mm zu bekommen, wie bei einem 10x50 Feldstecher. Das bedeutet zwar nicht, dass man mit einem Fernglas genau so viel sieht, wie mit einem Teleskop. Doch die Effizienz der Beobachtung und die Ausnutzung des Gerätes hängt sehr davon ab. Das Sehfeld eines Fernglases liegt üblicherweise bei 7 Grad, vielleicht etwas mehr. Damit ist es prädestiniert für große Objekte und Übersichten. Der Blick in die sommerliche Milchstraße ist mit einem Feldstecher zum Beispiel viel imposanter als im Teleskop. Welche Objekte sind mit dem Feldstecher erreichbar und welcher Anblick erwartet mich? Der Mond ist wahrscheinlich eines der ersten astronomischen Objekte. Je nach Mondphase erblickt man die dunklen Mondmeere und Berglandschaften. Große Krater wie Tycho und Kopernikus sind sicher erreichbar. Bei der Beobachtung von Planeten muss man schon Abstriche machen. Sicher kann man bereits die Monde des Jupiters sehen und somit die galilei'schen Beobachtungen nachvollziehen, doch Oberflächendetails sind nicht wahrnehmbar. Gleiches gilt für Saturn, dessen Ringsystem erst ab etwa 30-facher Vergrößerung erkennbar wird. Die Phasen der Venus liegen wieder im Erreichbaren, Mars zeigt sich aber nur als roter heller Lichtpunkt. Im Fernglas ist es möglich, die beiden äußeren Planeten Uranus und Neptun zu finden. Allerdings ist es schwierig, die beiden im Sternenmeer als Planeten zu identifizieren, da sie im Feldstecher nur sehr schwache Lichtpunkte sind. Mit etwas Erfahrung ist es möglich, helle Kleinplaneten, wie Ceres oder Vesta am Himmel zu finden. Gelegentlich finden sich auch hellere Kometen am Firmament, die eine eindrucksvolle Erscheinung sind, wie Hale Bopp oder der Komet 17P Holmes in den Jahren 1997 bzw. 2007. Die Beobachtung der Sonne ist auch möglich, wenn man besondere Maßnahmen zum Schutze der Augen vornimmt! Der Blick durch den Feldstecher in die Sonne wird zur sofortigen Erblindung führen. Es besteht aber die Möglichkeit, das Bild der Sonne auf ein Stück Papier zu projizieren oder mit spezieller Sonnenfilterfolie vor dem Fernglas zu arbeiten. Aber wie gesagt, größte Vorsicht dabei! Die falsche Handhabung kann schlimmste Konsequenzen haben! Nachts ist das Fernglas ungefährlich und kann uns besonders jetzt im Winter und Frühjahr einige tolle Dinge zeigen. Die Wintermilchstraße ist durchzogen mit Sternhaufen. Ein Blick in den Fuhrmann zum Beispiel zeigt einige Sternhaufen wie Messier 36, 37 und Messier 38. In der Nähe, den Zwillingen zugehörig, ist Messier 35. Allesamt sind als kleine Nebelchen zu erkennen. Messier 35 erreicht dabei aber schon eine ansehnliche Größe. Das Schwertgehänge des Himmelsjägers Orion offenbart eine nebelige Gasregion, das größte Sternentstehungsgebiet unseres Himmels. In dieser 1.300 Lichtjahre entfernten Wolke entstehen heute noch junge Sterne, deren UV-Licht das Gas und den Staub in leuchtende Materie verwandeln. Etwas östlich davon im Sternbild Einhorn findet man NGC 2264, einen Sternhaufen der an einen Weihnachtsbaum erinnert. Der Sternhaufen ist ebenfalls in ein Nebelgebiet eingebettet, welches aber im Feldstecher nicht auszumachen ist. Nördlich davon findet sich der Sternhaufen NGC 2244, der im Zentrum des Rosettennebels steht. Der Sternhaufen ist in guten Nächten bereits mit dem bloßen Auge zu erkennen. Der Rosettennebel selber ist aber mehr was für ein Teleskop mit Nebelfiltereinsatz. Ein leichtes Objekt ist Messier 41 im Großen Hund. Unterhalb von Sirius, der im Feldstecher ebenfalls ein atemberaubender Anblick ist, da er in allen Farben schillert, findet man einen recht großen offenen Sternhaufen. Er hat den Durchmesser von 30 Bogenminuten und enthält einige helle Sterne, deren Licht 2.500 Jahre zu uns unterwegs ist. Zu den großen Sternhaufen gehören natürlich auch die Plejaden und Hyaden im Stier und die Krippe im Sternbild Krebs. Diese Sternhaufen fallen schon dem Beobachter mit bloßem Auge auf und ihr Sternreichtum explodiert nahezu im Fernglas. Die Krippe und die Hyaden sind wegen ihrer scheinbaren Größe am Himmel im Fernglas eindrucksvoller als im Teleskop. Neben den Objekten der Milchstraße kann man auch außergalaktische Objekte finden. Da wären zunächst die Galaxien Messier 31 und Messier 33, die am Herbsthimmel in der Andromeda und dem Dreieck am besten zu erkennen sind. Im Frühjahr kann man aber auch die Winzlinge Messier 81 und Messier 82 im Großen Bären finden. Diese Galaxien sind die beiden hellsten Mitglieder einer Gruppe von etwa 60 Galaxien in einer Distanz von über 10 Millionen Lichtjahren. Es ist schon beeindruckend, dass ein kleines handliches Gerät eine derartig tiefe Reise in den Kosmos erlaubt. Die Galaxien des Virgohaufens bleiben dem Fernglas allerdings eher verborgen. In Erreichbarkeit bleiben allerdings viele Kugelsternhaufen des Messierkataloges. Im Frühjahr sind es die Kugelsternhaufen Messier 3 und Messier 5, die im Sternfeld als nebelige Objekte auffallen. Die Reisezeit des Lichtes ist immerhin 25.000 bzw. 30.000 Jahre. Die nebeligen Objekte werden im Teleskop zu wunderschönen Sternhaufen. Somit ist der Einsatz eines Teleskops nicht überflüssig. Ich könnte diese Liste mit Objekten der Milchstraße lange fortsetzen. Wenn ich einen Himmelsatlas zur Hand nehme, wie zum Beispiel der weitverbreitete "Karkoschka" werden mir viele Reiseziele für das Fernglas angeboten. Neben den nächtlichen Exkursionen kann man das Gerät auch tagsüber verwenden. Es ist eben ein wertvoller Wegbegleiter, für den man vielleicht durchaus ein paar Euro mehr ausgeben sollte, als es derzeit diverse Lebensmitteldiscounter verlangen... Clear Skies, |
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