Beobachtungstipp im April 2018 Eines der bekanntesten Bilder der Astronomiegeschichte sieht fast schon aus wie das Gekritzel eines Kindes im Vorschulalter. Der Urheber dieses Kunstwerks war allerdings ein erwachsener Mann, dem durchaus ein hohes Maß an Bildung zugesprochen werden kann. Neugierig geworden? Wir sprechen von William Parsons, der dritte Earl of Rosse. Der Earl of Rosse, kurz Lord Rosse, war ein begeisterter Hobbyastronom. Seine gesellschaftliche Stellung brachte ihn in Kontakt zu den wissenschaftlichen Größen seiner Zeit im Vereinigten Königreich und Irland. Auch war er ein eifriger Beobachter des Sternenhimmels, der mit eigenen Teleskopen seiner Leidenschaft nachging. Im Jahr 1845 stellt der 45-jährige Lord sein größtes Projekt fertig. Auf seinem Anwesen errichtete er eine Sternwarte, dessen Herzstück ein Teleskop mit einem Spiegeldurchmesser von 183cm war. Das beeindruckende Instrument wurde nach einem mythologischen Seeungeheuer "der Leviathan von Parsonstown" benannt. Der Hauptspiegel des Teleskops wurde aus Metall gefertigt und wog 3,8t. Mit einer Brennweite von 16m ragte der Tubus des Gerätes 15m in den Himmel. Für damalige Zeiten war das ein unglaubliches Bauwerk. Mit Flaschenzügen und Handkurbeln wurde das Teleskop damals in Position gebracht. Eine Beobachtungsnacht glich einem Abenteuer. Die Abbildungsqualität des metallischen Spiegels wird vermutlich ebenfalls nicht die Beste gewesen sein. Das Metall lief relativ schnell an und die Form des großen Spiegels war sehr temperaturabhängig. Lord Rosse nutzte zwei Spiegel, die abwechselnd zum Einsatz kamen. Das damals größte, lichtstärkste Spiegelteleskop dürfte die Leistung eines guten Amateurteleskops heutiger Zeit gehabt haben. Mit dieser Ausrüstung, die in den 90'er Jahren restauriert wurde und sogar wieder funktionsfähig ist -die Seilzüge mussten allerdings motorischer Unterstützung weichen- beobachtete der Earl of Rosse Nebel und Sternhaufen. Wobei wir über astronomische Nebel sprechen. Irdische Nebel wird der sternguckende Lord vermutlich ebenso häufig gesehen haben. Die Nebel lagen ihm besonders am Herzen. Er vermutete, dass sich die Nebel allesamt aus Sternen zusammensetzten. Das löste einen besonderen Streit mit John Herschel, dem Sohn von William Herschel, aus. Lord Rosse behauptete nämlich, den Orionnebel in einzelne Sterne aufgelöst gesehen zu haben. John Herschel wurde ein regelrechter Widersacher und lies erzürnte Attacken gegen Rosse los. Im Nachhinein sollte Herschel in diesem Fall recht behalten. Andere Nebel stellten sich später als Galaxien heraus, deren Licht aus Milliarden von Sternen zusammengesetzt war. Zu dem Ergebnis kam man aber erst später als man das Licht von Nebeln spektroskopisch untersuchen konnte. Lord Rosses Meisterleistung war die Entdeckung von Spiralnebeln. Und das Musterobjekt eines Spiralnebels ist die Galaxie Messier 51. Der Spiralnebel M51 wurde im Jahr 1773 von Charles Messier persönlich entdeckt als er den Kometen von 1773 verfolgte. Seine Beschreibung war sehr kurz gehalten: "Schwacher Nebel ohne Sterne" liest man. Erst acht Jahre später fügte er hinzu, dass Messier 51 aus zwei Kernen besteht, nachdem der Astronom und Wegbegleiter Pierre Mechain am 21. März 1781 die Doppelnatur des Nebels erkannte. Eigentlich aber hatte der deutsche Astronom Johann Elert Bode den länglichen Nebel mit zwei Zentren beschrieben. Messier 51 besteht also aus zwei Galaxien, die im NGC-Katalog zwei Einträge besitzen, NGC 5194 und NGC 5195. Man kann sagen, dass Bode den Nebel NGC 5195, das kleine Anhängsel erstmals beschrieben hat. John Herschel, eben jener Sohn von William Herschel, sah erstmals im Jahr 1833 einen leuchtenden Ring um das helle Zentrum der Galaxie NGC 5194. Es sollten dann noch 12 Jahre vergehen bis der Earl of Rosse seinen Leviathan auf Messier 51 richtete. Er erkannte die spiralförmige Struktur, die mit zunehmender Vergrößerung immer komplizierter erschien.
Eine Hungersnot, die Irland in den 1845'er Jahren einholte, sorgte für eine Zwangspause bei den astronomischen Beobachtungen. Eine Million Iren fielen der Kartoffelfäule damals zum Opfer, die auf landwirtschaftliche Misswirtschaft zurück zuführen war. Kartoffeln waren damals das Hauptnahrungsmittel der Iren. So beschrieb der Lord erst im Jahr 1848 seine Beobachtungen. Er sah deutlich die Spiralform des Hauptnebels und auch den kleineren Nebel. Heute können Beobachter unter dunklem Himmel mit einem 8"-Teleskop bereits die Spiralstruktur erkennen. Den großen Durchbruch in der Erforschung der Nebel und der Astronomie allgemein brachte der Einzug der Fotografie. Schon die ersten Aufnahmen der Galaxie, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden sind, zeigen die schöne Spiralnatur der fernen Milchstraße und ebenso die diffuse Begleitgalaxie.
Messier 51 und ihre Begleitgalaxie NGC 5195 gehören heute zu den am besten untersuchten Galaxien. Sie sind der Prototyp eines wechselwirkenden Galaxienpaares. Die Hauptgalaxie konnte bisher ihre Spiralstruktur ganz gut erhalten. Die kleinere Begleitgalaxie scheint aber schon richtig zerzaust zu werden. Auf Aufnahmen mit langer Belichtung erkennt man sehr schön die Gezeitenschweife. Das rötliche Licht der kleinen Galaxie wird durch alte fortgeschrittene Sterne verursacht. Auch scheint das Zentrum der Galaxie mit Staub durchsetzt zu sein. Die schöne Spirale NGC 5194 leuchtet dagegen bläulich. Hierfür sind junge leuchtkräftige Sterne verantwortlich. Man könnte behaupten, dass NGC 5194 ihren zweiten Frühling erlebt, allerdings auf Kosten des kleinen Begleiters. Das aufgenommene Gas von NGC 5195 führt zu einem intensiven Sternentstehungsprozess in NGC 5194. Das ist auch der Grund für die deutlichen Spiralarme, die wir beobachten können. Die Welle an Sternentstehung lässt große, massereiche Sterne entstehen, die bekannter Weise recht kurzlebig sind. So hat man bisher vier Supernovae in NGC 5194 aufspüren können (1945, 1994, 2005, 2011). Astrofotografen sollten also achtsam sein. Messier 51 ist ein guter Kandidat für die Entdeckung einer Supernova. Für Profiastronomen ebenso interessant wie die Außenbereiche der Hauptgalaxie ist das Zentrum von NGC 5194. Das Zentrum wurde eingehend mit dem Hubble Space Teleskop untersucht. Man findet dort eine helle Röntgen- und UV-Lichtquelle. Im Innern gibt es eine nur 5 Lichtjahre große Struktur, die eine Leuchtkraft von Millionen von Sternen besitzt. Das ganze innere Zentrum der Galaxie bemisst 120 Lichtjahre im Durchmesser und hat eine Leuchtkraft von 100 Millionen Sonnen. Dort herrschen infernale Zustände. Wir haben es mit einem aktiven Galaxienkern zu tun. Messier 51 ist eine sogenannte Seyfert-Galaxie. Im Zentrum befindet sich vermutlich ein massives Schwarzes Loch, dass ausreichend Materie verschlingt, um eine derartige Leuchtkraft zu erzeugen.
Die Größe und Schönheit der Galaxie macht sie bei Amateurbeobachtern sehr beliebt. Gerade am Nordhimmel im Sternbild Jagdhunde ist sie im Frühjahr gut zu sehen. Der visuelle Eindruck hängt stark von der Qualität des Himmels ab. Die Spiralarme sind sehr schwach und man benötigt schon guten Landhimmel um mehr als einen matschigen Fleck zu sehen. Auf Fotografien können M51 und ihr Begleiter recht hübsch erscheinen. Es empfehlen sich Brennweiten ab 1.000mm um die feinen Details abzubilden. Extreme Langzeitbelichtungen zeigen die Gezeitenschweife um NGC 5194 und NGC 5195. Wenn Lord Rosse wüsste, was heute kleinste Teleskope mit entsprechender Kameraausstattung leisten! Sternfreundliche Grüße, Kurz-Portrait: Messier 51, NGC 5194 (Sc-Galaxie), NGC 5195 (Irr-Galaxie), Entfernung ca. 27 Mio. Lichtjahre. Durchmesser 87.000 und 43.000 Lichtjahre, Helligkeit 8,4mag, Sternbild Canes Venatici, RA 13:29.9, Dekl +47°12', Größe ca. 15 Bogeminuten. |
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