Beobachtungstipp im Mai 2018

Die LED-Revolution scheitert

In der Aprilausgabe 2018 der Zeitschrift "Sterne und Weltraum" findet man den Artikel "Die gescheiterte LED-Revolution". Die Hoffnung der Wissenschaftler bestand darin, dass die Möglichkeiten, die die LEDs bieten um eine bessere nachhaltigere Beleuchtung zu schaffen, genutzt werden. Leider zeigen die Daten der Forscher, die sich dem Thema Lichtverschmutzung angenommen haben, etwas anderes. Die Helligkeit des Himmels nimmt global zu. Auch in Deutschland wird eine Zunahme der Helligkeit von ca. 3-5% jährlich beobachtet, trotz verbesserter Beleuchtungssysteme. Die Nächte werden auch hierzulande immer heller. Die Effizienz der LED wird offenbar nicht genutzt um Energie einzusparen. Es werden hellere und mehr LEDs eingesetzt, vielleicht um das Gefühl der Sicherheit zu erhöhen. Wie sieht das aber auf lokaler Ebene aus? Als Sternfreund beobachte ich den Himmel schon seit vielen Jahren und kann den Trend zur zunehmenden Lichtverschmutzung bestätigen.

Das lokale Vorgehen in Borken

Im Jahr 2017 wurde in Borken die Straßenbeleuchtung im großen Stil auf LED-Beleuchtung umgestellt. In der Pressemitteilung ist auf die bessere Energieausbeute und die Abnahme der Lichtverschmutzung hingewiesen worden. Da das Licht zielgerichteter eingesetzt werden kann, ist der Streulichtanteil geringer. Die neuen LED-Köpfe der Straßenbeleuchtung sind dahingehend deutlich besser im Vergleich zu den alten Natriumdampflampen. Das ist augenscheinlich. Eine Anfrage bei der Stadtverwaltung meinerseits ergab, dass die Stadt auf LED-Beleuchtung mit einer Farbtemperatur von 4.000k (reinweiß) setzt. Mein Einwand, dass die Beleuchtung mit 3.000k Farbtemperatur viel Insektenfreundlicher ist, wurde mit der Wirtschaftlichkeit der 4000k-Beleuchtung abgetan (dabei wurde bestimmt nicht die Wirtschaftsleistung der Insekten für unsere Gesellschaft berücksichtigt. Alleine der ökonomische Nutzen der Bienen wird jährlich auf 150 Milliarden Euro weltweit geschätzt). Der Insektenanflug bei LEDs mit 3.000K liegt bei 37 Individuen pro Nacht, bei 6.000K-LEDs sind es 71 Individuen (nach Prof. Eisenbeis, Frankfurt). Hier hätte man insbesondere im ländlichen Raum und in naturnahen Gebieten auf 3.000K-Beleuchtung setzen müssen.

Die Stadt Borken schaltet die Beleuchtung der Straßen nachts in zwei Schritten herunter. Gegen 22:00 Uhr werden die LEDs auf 50% Beleuchtungsstärke gedimmt und um 0:00 Uhr nochmals um 20% herunter gefahren. Der Vorteil der LEDs ist eben auch die Regelmöglichkeit.

Hat sich die Situation in Borken verbessert?

Ich messe seit einigen Jahren die Qualität des Nachthimmels mit einem Sky Quality Meter der Fa. Unihedron. Dieses kleine Messgerät erlaubt es, die Himmelshelligkeit zu messen. Die Angabe ist dabei in der astronomisch verwendeten Einheit Mag/"². In der Astronomie findet dieses Gerät große Verbreitung und die Messergebnisse sind verlässlich. Meine Messergebnisse liegen seit je zwischen 20,3 bis 20,7 Mag/"², was auch den erwarteten Werten der Satellitendaten entspricht (siehe hierzu: http://www.lightpollutionmap.info).

Der Versuch

In der Nacht zum 21. März 2018 war der Himmel sehr klar. Kalte trockene Luft einer Nordostströmung sorgte für sehr transparente und stabile Wetterbedingungen. Für mich ein idealer Abend, um den Helligkeitsverlauf des Himmels über Nacht zu beobachten. An meinem Standort in Borken am Beckenstrang, etwa 1km vom Ortschild zu Borken entfernt, zeigt sich der Himmel im Zenit noch sehr dunkel, ein typischer Kleinstadthimmel mit einer Helligkeit von ca. 20,5 Mag/"².

Lichtverschmutzung am Standort, Quelle: Lightpollutionmap.info
Lichtverschmutzung am Standort, Quelle: Lightpollutionmap.info

So nahm ich an jenem Abend eine Messreihe mit dem Sky Quality Meter auf und fotografierte zeitgleich ein Sternfeld, welches sehr hoch am Himmel zu sehen war. Das Motiv war die Spiralgalaxie M101 im Großen Bären (oberhalb der Deichsel des Großen Bären). Heraus kam folgende Grafik.

Gemessene Himmelsqualität
Gemessene Himmelsqualität, 20. / 21. März 2018, Christian Overhaus

Wir sehen, dass der Himmel nach 22:00 Uhr erwartungsgemäß dunkler wird. Eine weitere Stufe ist nach 0:00 Uhr zu erkennen. Zum einen scheint das Dimmen der städtischen Beleuchtung eine Rolle zu spielen. Zum anderen werden viele Werbetafeln usw. nach 23:00 Uhr nicht mehr betrieben. Die Helligkeit des Himmels fiel von 20,33 Mag/"² auf 20,82 Mag/"². Die Skalierung dieser Einheit ist logarithmisch, so dass der Unterschied den Faktor 1,6 ausmacht. Der Himmel um 1:40 Uhr ist 1,6x dunkler als der Himmel um 21:40 Uhr. Man muss bedenken, dass hier nur das Streulicht am Himmel gemessen wird, also der Lichtsmog, der unerwünscht ist. Gute Werte sind es nicht. Unter guten Landhimmelbedingungen kann man 21,5 Mag/"² erreichen. Natürlicher Nachthimmel liegt jenseits von 22 Mag/"². Das ist immer noch um den Faktor 2-3x dunkler als unser Himmel am Borkener Stadtrand bei optimalen Bedingungen. Die Zahlen kann man auch plastischer darstellen mit fotografischen Mitteln. Wie geschrieben, nahm ich während der Nacht die Galaxie M101 im Großen Bären auf. Die Kamera war eine handelsübliche digitale Spiegelreflexkamera mit einem 200mm Teleobjektiv. Die Aufnahmen wurden bei Blende 5,6, 800 ASA und 180 Sekunden Belichtungszeit gemacht. Die folgende Grafik zeigt Bildausschnitte mit den jeweiligen Daten (Uhrzeit und Messwert). Die untere Aufnahme "simuliert" den Eindruck einer Aufnahme bei gutem Landhimmel, also mit der Himmelshelligkeit von 21,5 Mag/"².

Tatsächliche Himmelsqualität
Tatsächliche Himmelsqualität, 20. / 21. März 2018, Christian Overhaus

Kann die Situation verbessert werden?

Die Analyse zeigt, dass die Himmelshelligkeit in der Nacht um den Faktor 1,6 abfällt. Hierbei spielen die Schaltzeiten der Straßenbeleuchtung eine signifikante Rolle. Die Abnahme der Himmelsaufhellung kann fotografisch ebenso schön nachgewiesen werden. Der Einsatz der LEDs hat trotz der besseren Lenkbarkeit des Lichtes nicht zu einer Verbesserung geführt. Vor der Umrüstung auf LEDs lagen die Werte im vergleichbaren Rahmen. Offenbar sind die LEDs einfach heller und erzeugen die gleiche Menge Streulicht am Himmel bei wohl größerer Helligkeit auf der Straße. Hier wäre es wünschenswert, die Helligkeit auf das benötige Maß anzupassen. Mein Eindruck bei nächtlichen Fahrten durch die Innenstadt ist, dass die Helligkeit der LEDs nach 22 Uhr immer noch sehr ausreichend ist um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Daher könnte ich mir eine dauerhafte Reduzierung der LED-Beleuchtung gut vorstellen. In den verkehrsreichen Abendstunden kommt zur Beleuchtung der Straßenbeleuchtung ein nicht unerheblicher Lichtanteil durch die Fahrzeuge selbst. Sie leuchten den Verkehrsraum ja ebenfalls aus. Die Verkehrssicherheit ist durch eine Reduzierung der Straßenbeleuchtung eher nicht gefährdet. Im Gegenteil. Als Radfahrer führen die weißen LEDs zur Blendung, da diese sehr punktuell leuchten. Weniger Licht führt zu weniger Blendung und wenige Kontrast zu schlecht beleuchteten Gegenden.

Was kann man noch tun?

Wünschenswert aus unserer Sicht wäre zudem eine Reglementierung der Beleuchtung gewerblicher Objekte. Besonders der Einsatz von Bodenstrahlern und schlecht abgeschirmten Beleuchtungen sollte eingeschränkt werden. Die Beleuchtung im naturnahen Raum sollte umweltfreundlich gestaltet werden.

Resümee

Der Artikel "Die gescheiterte LED-Revolution" zeigt, dass der Grundgedanke einer effizienten Beleuchtung allen dienen kann, weil das Licht dort hin gelenkt und bedarfsmäßig eingestellt werden kann um die Erfordernisse zu erfüllen. Das Vorgehen "viel hilft viel" macht die positiven Effekte für die Umwelt zu Nichte. Das richtige Licht an der richtigen Stelle schont die Natur und den Geldbeutel. Das wäre wirtschaftlich und nachhaltiger.

Sternfreundliche Grüße,
Christian Overhaus

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Quellen zum Text
Spektrumonline: www.spektrum.de/news/wie-led-lampen-den-dunklen-nachthimmel-bedrohen/1521147
Sky Qualtity Meter: http://www.unihedron.com/projects/darksky/
LED Insektenstudie http://www.ib-dr-petry.de/led-insekten-messung.html
LED Umrüstung Borken https://www.borken.de/start/nachrichten-archiv/nachricht/artikel/umruestung-der-borkener-strassenbeleuchtung-auf-led-technik-geht-weiter.html

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