Beobachtungstipp im Juni 2018

Auf der Erde gibt es über 10 Millionen Arten, vielleicht sogar noch mehr. Wir haben das Buch der Natur gerade erst aufgeschlagen und erstaunen uns darüber, welche Nischen das Leben besetzen kann. Das Leben hat die höllischsten Umgebungen eingenommen, die Tiefe der See, die Nähe von Vulkanen, das ewige Eis, die trockenen Wüsten, zu Lande, zu Wasser, zu Luft. Es ist so vielseitig und anpassungsfähig. Von den Einzellern, die seit Anbeginn der Welt kaum verändert sind bis hin zu hochkomplexen Wesen, wie es die späten Primaten darstellen.

Auf der Erde überdauerte das Leben bisher 4 Milliarden Jahre. Die ersten Einzeller des Präkambrium lebten noch auf der Eisballerde. Die erste Warmzeit führte dann zu einer wahren Explosion der Artenvielfalt. Die Kambrische Explosion vor erst 500 Millionen Jahren brachte viele merkwürdige Geschöpfe auf die Bühne des Lebens. Ihre Spuren finden wir heute als steingewordene Fossilien in den Steinbrüchen. Dass diese Arten heute nicht mehr zu finden sind, außer vielleicht der Quastenflosser, geht auf große Katastrophen zurück.

Das Leben auf der Erde musste manche Rückschläge erleben. Mindestens fünf Mal kam es zu großen Massensterben. Die Umweltbedingungen veränderten sich offenbar so rasant, dass sich das Leben nicht darauf einstellen konnte. Verschwunden ist das Leben aber nie. Im Gegenteil. Es ging andere Wege. So auch vor 65 Millionen Jahren, als vermutlich ein Meteoriteneinschlag auf der Yucatan-Halbinsel die Erde letztmalig global veränderte. Man nimmt an, dass 75% aller Arten damals verschwunden sind. Die prominentesten Opfer waren die Dinosaurier.

Die Gewinner waren kleine Säugetiere, die von nun an den Planeten eroberten. Eine der erfolgreichsten Arten ist den Hominiden zugehörig, der moderne Mensch. Der Mensch ist eine merkwürdige Kreation der Natur. Sie ist sich selbst bewusst und liebt es, ihre Umgebung zu erkunden. So interessiert sie sich nicht nur für irdisches Leben, sondern schaut neuerdings auch in der Tiefe des Weltalls nach Lebensspuren. In den 60'er und 70'er Jahren gab es direkte Lauschangriffe auf das Leben.

Die vielleicht nicht ganz ernst genommenen Astronomen der SETI-Jünger horchten mit großen Radioteleskopen den Himmel auf vielen Radiokanälen ab und waren damit leider nicht sehr erfolgreich. Ein einziges Mal kam es zu einem Vorfall, der als WOW-Ereignis in die SETI-Geschichte einging. Die Nachricht, die uns die Außerirdischen damals zukommen ließen, bestand aus einer kleinen Buchstabenkombination: 6EQUJ5. Was immer sie uns damit sagen wollten, sie haben sich seither nicht mehr gemeldet. Die Buchstaben waren natürlich kodiert. Sie geben die Intensität eines Radiosignals wieder, welches das BIG EAR-Radioteleskop in Ohio empfing. Die Besonderheit liegt aber darin, dass es von keiner irdischen Quelle stammen konnte und es bisher keine Erklärung für die außerirdische Herkunft gibt. Es wirkte auf die SETI-Forscher künstlich. So bekam es den Namen WOW-Signal... Die Außerirdischen scheinen sehr wortkarg zu sein. Aber die Umstände sind schwierig. Unser Musterbeispiel Erde zeigt es schon. Von den 10 Millionen und mehr Arten gibt es nur eine Art, die sich bisher auf die Suche nach Außerirdischen gemacht hat und erst seit guten 60 oder 70 Jahren in der Lage ist, außerirdische Signale zu empfangen.

Und es ist auch nicht so, dass wir uns sonderlich bemerkbar machen. Vor 100 Jahren begannen wir erste Radiosignale zu senden. Selbstverständlich für irdische Zwecke, dennoch laut genug, um von Außerirdischen abgehört werden zu können. Bereits in den 90'er Jahren wurden wir aber wieder leiser, weil wir uns der Satellitentechnik bedienten, die lange Reichweiten bei Radiowellenübertragung überflüssig machten.

Vielleicht ist es auch ein Glück für uns, dass die Außerirdischen vom Privatfernsehen nur wenig mitbekommen. Die Suche nach außerirdischem Leben erlebt in den letzten Jahren eine Renaissance. Nicht ganz unerheblich beteiligt sind die großen Erfolge bei der Suche nach sogenannten Exoplaneten, also Planeten, die um andere Sterne kreisen. Nicht ein Monat vergeht, ohne dass eine weitere Supererde Lichtjahre entfernt entdeckt wird. Das Weltall ist voller Planeten. Auf der anderen Seite entdecken wir heute, unter welchen extremen Bedingungen Leben entstehen kann. Es wäre also vermessen zu glauben, die Erde wäre der einzige Ursprung für das Leben im Weltall. Selbst auf der Erde ist das Leben offenbar mehrmals entstanden an unterschiedlichen Orten, völlig isoliert. Diesen Urzündfunken für Leben gab es wohlmöglich nicht, also kein Frankensteinuniversum.

Das Leben entwickelte sich aus der Chemie heraus. Aus einfachen chemischen Verbindungen entstanden große Makromoleküle, die offenbar einen Mechanismus erfanden, sich selbst zu reproduzieren. Ein großer Schritt bestand dann darin, sich selber in eine Art Schutzhülle zu packen, um von den äußeren Einflüssen ungestört den eigenen Geschäften nachgehen zu können. Die Schutzhülle wurde natürlich durchlässig gestaltet um gewünschte Reaktionspartner Zutritt zu gewähren und weiteres Wachstum gewährleisten zu können. So oder so ähnlich könnte man sich die ersten Schritte primitiven Lebens vorstellen. Es sind die ersten als Zellen zu bezeichnenden Körper. Größere Komplexität kam dann dadurch zustande, dass diese Zellen andere Zellen aufnahmen und versklavten.

Die Hauptzelle sorgte nur für die Aufnahme von Stoffen, die anderen Zellen wandelten diese dann in Energie und die bevorzugten chemischen Verbindungen um. Es war mehr eine Symbiose als eine Sklavenherrschaft. Die Entstehung von Leben führt zu immer komplexeren Formen und besserer Organisation. Das ist eigentlich gegen den Trend des Universums. Nach dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik nimmt die Entropie eines physikalischen Systems immer zu. Von besserer Ordnung und Organisation liest man da nichts. Leben ist also ein Trend gegen das Universum? Schwimmt es gegen den Strom der Naturgesetze? Auf den ersten Blick scheint das so zu sein. Allerdings ist es bei der genauen Betrachtung der Umstände anders. Während das Leben sich auf der einen Seite hoch organisiert, erzeugt es auf der anderen Seite sehr viel Entropie. Die Effektivität ist dabei unerreicht.

Wir Menschen scheinen dabei die Krönung der Unordnungsschöpfer zu sein. Um das bisschen Ordnung in unseren Haushalten zu erhalten, verbraten wir unendlich viel geordnete Energie zu entropischen Photonengewimmel. Das Universum liebt uns. Es hat gar kein Interesse daran, sparsame LEDs einzusetzen. Das Universum setzt also auf die Erzeugung von Entropie und das Leben ist ihr bestes Konzept. Warum also sollte es nur einen Planeten damit ausstatten?

Unsere Suche nach Leben hat mittlerweile viele Säulen. Die Suche nach Leben auf Exoplaneten wird in Zukunft wohlmöglich große Fortschritte machen. Eine neue Generation von Weltraumteleskopen, wie das James-Webb-Teleskop, wird in der Lage sein, die Atmosphäre von Exoplaneten zu untersuchen und dort Signaturen des Lebens feststellen zu können. Moleküle, wie Ozon oder Kohlendioxid, vielleicht auch Methan, sind Indizien für biologische Prozesse. Auf der anderen Seite ist die direkte Entdeckung von außerirdischen Leben noch nicht vom Tisch. Innerhalb unseres Sonnensystems gibt es viele Orte, an denen die Möglichkeit zur Bildung von Leben besteht. Man denke an die Ozeane des Jupitermondes Europa, vielleicht auch in den Methanseen des Saturnmondes Titan. Die bisher umfangreichste Suche nach Lebensspuren hat aber der Mars über sich ergehen lassen. Das Interesse am Mars ist ebenfalls nicht unbegründet.

Die vielen Marsmissionen geben Anlass zur Spekulation, dass es vor langer Zeit Ozeane aus Wasser auf der Oberfläche des Planeten gab. Der Mars befindet sich durchaus noch in der bewohnbaren Zone unseres Sonnensystems. Es gibt also keinen Grund anzunehmen, dass der Mars immer die unwirtliche Wüste war, die er heute ist. In den 90'er Jahren machte die Entdeckung von Marsmikroben Schlagzeilen in der Wissenschaft. Forscher untersuchten einen Meteoriten, den sie 1984 in der Antarktis fanden auf seine Herkunft. Sie waren nicht nur überrascht darüber, dass der Meteorit offensichtlich vor 15 Millionen Jahren vom Mars weggeschleudert wurde und vor 13.000 Jahren dann auf die Erde fiel. Viel erstaunlicher waren hochaufgelöste Aufnahmen des Gesteins, auf dem versteinerte Hinterlassenschaften primitiver Einzeller zu erkennen waren.

Damals erfuhr die Erforschung des Mars einen riesigen Schub, weil selbst der damalige US-Präsident Bill Clinton begeistert über diese Entdeckung gewesen ist. Im Nachhinein gab es aber große und berechtigte Zweifel an der Entstehung dieser Strukturen durch außerirdisches Leben. Es gab bessere alternative Erklärungen. Damit stellte sich den Forschern die nächste Frage. Die Astronomen denken über eine Rückholmission zum Mars nach. Das Ziel dieser Mission ist die Beschaffung von Marsgestein zur Untersuchung auf der Erde. Aber welches Gestein bietet sich dabei an? Was soll eingesammelt werden, um mögliche Spuren des Lebens zu finden?

Ein außerirdischer Granitblock wohl kaum, es sei denn, ein Außerirdischer hätte seinen Namen dort eingeritzt. In den Einkaufskorb der Marsforscher könnten Steine landen, die wir auf der Erde ebenfalls kennen. Bereits Charles Darwins Aufmerksamkeit erregten Steine, die einen seltsamen schwarzen Überzug besaßen. Diese wurden vornehmlich in heißen Regionen unseres Planeten gefunden, was dem schwarzen Überzug den Namen Wüstenlack gab. Wüstenlack ist ein seltsames Phänomen. Es besteht aus einer Schicht mit Mangan- und Eisenoxidanteilen, die Sandstein überzieht und eben besonders in Wüstengebieten konserviert ist.

Zunächst vermutete man, dass Bakterien für diesen Überzug verantwortlich sind. Neuere Erkenntnisse gehen aber von chemischen Prozessen aus. Allerdings ist die Entstehung von Wüstenlack ein Prozess, der viele Tausend Jahre andauert und der Lack ist in der Lage Bakterienkolonien zu konservieren. Somit ist der Wüstenlack eine Fundgrube für bakterielles Leben. Interessanterweise findet man auf dem Mars Gesteine, die anscheinend ebenfalls mit Wüstenlack überzogen sind. Und deshalb ist es kein Wunder, warum der seltsame Lack auf der Wunschliste der Astrobiologen ganz oben steht. Sollte man es in Zukunft schaffen, Steine vom Mars zur Erde zurück zu transportieren, so könnte man im Wüstenlack die Spuren von Marsbakterien finden.

Die Wahrscheinlichkeit des Erfolges wäre recht hoch. Hier komme ich jetzt zu einem kleinen Wandertipp. Es gibt nämlich auch Wüstenlack in Deutschland, genauer gesagt im Kreis Recklinghausen im Naturpark Hohe Mark. Die höchste Erhebung des Kreises Recklinghausen ist der Stimberg bei Oer-Erkenschwick in der Haardt. Sie war deswegen auch ein Dreieckspunkt erster Ordnung der Landvermessung der preußischen Landesaufnahme im Jahr 1890. Heute befindet sich dort eine Sendestation der Bundesnetzagentur. Das Gebiet um den Stimberg ist ein Naturschutzgebiet und man findet dort schöne geologische Sandsteinformationen. Der lockere Quarzsand der Halterner Sande ist ehemaliger seichter Meeresboden, der viel Sand von den Flüssen des Sauerlandes aufnehmen musste. Hier bildeten sich durch Ausfällungen von Kieselsäure verfestigte Quarzitgesteine, die der späteren Erosion standhielten. Auf der Sonnenseite dieser Felsbrocken, die ans Tageslicht kamen, bildete sich an einigen Stellen besagter Wüstenlack. Wer den Stimberg besteigt, der muss übrigens nicht lange nach Lebensspuren suchen. Die Haardt ist ein riesiges Waldgebiet und ist ein Lebensraum vieler Waldbewohner. Eine Landschaft, die Kultur und Natur ausnahmsweise in schöner Form zusammenbringt.

Sternfreundliche Grüße,
Christian Overhaus

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