New Variable Star Near M27 Hallo Sterngucker! Es ist raus! Nach der aufregensten Woche in meiner bisherigen Astro-Laufbahn möchte ich Euch kurz auf den neuesten Stand bringen. Ich hatte ja beim letzten Mal geschrieben: "Große Ereignisse werfen ihren Schatten voraus". Tja und für mich ist das nun wahrlich ein großes Ereignis! Zunächst einmal allerdings auch sehr anstrengend! Bisher habe ich weit über 100 e-Mails in meinem Postfach wegen der Geschichte. Immer wieder Nachfragen, immer wieder Messwerte nachliefern: Astrometrie, Photometrie, Zeiten... Dann mit Standardwerten verbessern usw. Ach ja, lange Rede, kurzer Sinn... Ich habe eine Nova entdeckt!
Das neue Objekt heißt jetzt erst einmal "Var Vul 05". Vul steht für Vulpecula, also Sternbild Füchschen. Eine sehr schöne Animation hat der Amerikaner R. Jay GaBany mit einem 20"-Teleskop gemacht. Größte Schwierigkeit war bis dato, einen Vorläuferstern zu finden. Dazu wurden unter anderem auch Aufnahmen des 1,5m USNO Teleskops in Flagstaff / Arizona mit einer Grenzgröße von 26 Mag untersucht. Bisher scheint das wohl schwieriger, als erwartet... Vorgestern konnte dann der Belgier Tonny Vanmunster über vier Stunden eine Lichtkurve aufnehmen. Die Spezialisten unter den Veränderlichenbeobachtern sind sich nun ziemlich sicher, dass es sich um einen kataklysmischen variablen Stern handelt. Für kataklysmisch kann man auch "eruptiv" sagen. Die Besonderheit ist aber, dass dieser als ein "WZ Sge-Stern" oder auch "SU-Uma-Stern" eingestuft werden kann bei denen im Gegensatz zu "normalen" Eruptiven auch sog. "Superoutbursts" auftreten können. Näheres kann ich Euch beim nächsten Treffen erzählen. Es soll ja spannend bleiben. Diese Sterne sind wohl bisher noch sehr selten beobachtet worden, da sie eine Periode von bis zu mehreren 1.000 Tagen haben können. Leider ist zumindest den Amateuren kein Spektrum bekannt geworden, um diese Einstufung genauer vornehmen zu können. Scheinbar ist das jetzt wohl eine Zwergnova, die sich in Ihrem "Superoutburst" befindet. Doch wie kam es eigentlich zu der Entdeckung? Mittwoch, 17. August 2005
So stellte ich schnell M27 ein, fokussierte und machte mit angeschlossener CCD-Kamera insgesamt 30 Aufnahmen á 20s. 13 davon konnten nicht verwendet werden. Ich hatte einfach zu hastig aufgebaut und die richtige Einnordung vernachlässigt. Aber hätte ich erahnen können was ich in den nächsten Tagen auf meinen Bildern entdecken sollte? Samstag, 20. August, 12:00 Uhr Jetzt wollte ich noch genauere Untersuchungen anstellen. Ich astrometrierte meine Bilder mit Astrometrica [1]. Jetzt hatte ich eine genaue Position (J2000): RA 19 59 51,29; DEC 22 42 32,3; 15,8 mag +-0,4 Damit machte ich mich zunächst auf die Suche nach einem evenuell bekannten Kleinplaneten. Ich lud die aktuellsten Bahndaten, enthalten in der MPCORB, herunter... nichts. Auch der Minor Planet Checker des MPC [2] hatte keinen bekannten Kleinplaneten im Umkreis. Jetzt wurde es richtig spannend und ich versuchte mein Glück mit der Suche in den Vizier-Daten durch Aladin [3]. Dort fand ich in der Nähe meiner gemessenen Position einen Stern im USNO B1-Katalog: RAJ2000 19 59 51,04; DEJ2000 +22 42 35,4 und R2: 17,31mag. Die Position dieses Sterns lag also etwa 3" neben "meiner" und auch der Helligkeitsunterschied war zu groß. Soweit traute ich meinen Messungen schon. Ich hatte also etwas neues entdeckt! Schnell verfasste ich noch eine Mail an einen mir bekannten Sternfreund mit der Bitte um Hilfe. Am Abend dann kam eine Mail zurück. Er konnte mir nicht wie erhofft weiterhelfen, riet mir aber mich an die BAV zu wenden. Sonntag, 21. August, 20:00 Uhr Sonntag, 21. August, 21:27 Uhr Die nächsten Tage gingen sehr turbulent zu. Immer wieder versuchte ich nach Hinweisen von Wolfgang meine Photometrie zu verbessern. Ich hatte davon bisher soviel Ahnung wie eine Kuh vom Fahrrad fahren. Derweil ist Wolfgang unermüdlich im Einsatz. Über alle möglichen Webseiten versucht er von anderen Amateuren Beobachtungen zu bekommen und ist auch erfolgreich! Arne Henden (AAVSO) identifiziert nach Durchsicht von eigenen Aufnahmen mit einer Grenzgröße von 26 Mag einen möglichen Vorläuferstern von 22,5 Mag. Die Amplitude liegt damit bei etwa 8 Größenklassen somit handelt es sich wahrscheinlich um einen neuen kataklysmischen Variablen des Typs WZ Sge. Bei Wolfgang trudeln immer neue Beobachtungen ein. Am 23. August dann die erste Erfolgsmeldung. Die AAVSO gibt die Alert-Meldung 325 heraus. Am 24. August berichtet Tonny Vanmunster (Belgien) von seinen Beobachtungen. Er konnte in der Nacht vom 23./24. August Superbuckel mit einer Periode von 0,058 + 0,003d und einer Amplitude von 0,3 Mag nachweisen. Damit erweist sich der "Stern" als eine neue Zwergnova vom Typ UGSU oder UGWZ.
Die folgenden Tage verbrachte ich mit neuen Beobachtungen und Auswertungen der Photometrie. Bis dann am 28. August Meldungen über eine rasche Helligkeitsabnahme auftauchten. Daraufhin richtete Wolfgang Renz eine Yahoo-Gruppe ein. Diese sollte dazu dienen alle Beobachtungen zu Var Vul 05 - so der vorläufige Name - zu sammeln. Weitere Beobachtungsnächte folgten. Ein Highlight kam aber noch: am 29. August gab die IAU das IAU-Circular 8591 heraus. Endlich wurde die Entdeckung damit auch "offiziell". In den nächsten Tagen nahm die Helligkeit von Var Vul 05 stetig ab. Betrug die Helligkeitsabnahme zunächst etwa 0,1 Mag pro Tag, so folgte ab dem 3. September ein starker Helligkeitsabfall von etwa 1,2 Mag pro Tag. Am 10./11. September wurde noch einmal ein heftiger Helligkeitsanstieg verzeichnet. Bis Ende September ist die Helligkeit dann bis auf unter 20 Mag gefallen. Danach gab es bis heute keine positive Sichtung mehr.
Somit klangen die wohl aufregensten Wochen meiner bisherigen Beobachterkarriere langsam aus. Bis zum nächsten Ausbruch von Var Vul 05. Ohne Wolfgang Renz wäre das sicherlich ganz anders ausgegangen... Viele Grüße, Quellenangaben |
Besucher: 187.921 | Letztes Update: 06.06.2008