Sternfreunde Borken - Außenstelle La Palma Liebe Sternfreunde,
Man muss schon seefest sein, wenn man unter einem der besten Himmel der Welt die Sterne genießen möchte. Die Fahrt zum Gipfel des 2.426m hohen Roque de los Muchachos gleicht eher einer Fahrt in einer Achterbahn als einer Autofahrt. In unzähligen Serpentinen schraubt sich das Auto den ehemaligen Vulkan herauf, der die Insel La Palma vor 30 Millionen Jahren aus dem Atlantik wachsen ließ. Im Auto Christa, Ralf und ich, im Kofferraum ein Dobsonteleskop mit 8 Zoll Öffnung und einiges an Zubehör, welches die Gewichtsgrenze des Reisegepäcks so gerade nicht übertreffen durfte. Die rund 20km lange Strecke von unserem wunderschönen Feriendomizil im Nordwesten der Insel zur Spitze des Roque führt uns durch Pinienwälder bis sich die Landschaft oberhalb der Baumgrenze in eine unwirkliche Felsenlandschaft verwandelt. Nach wenigen Kilometern sieht man auf der rechten Seite ein mehrstöckiges, flaches Gebäude, welches man nicht in dieser Landschaft vermuten würde. Kurz danach mündet eine Strasse ein, die zu den Observatorien des Roque de los Muchachos führt. Eine geschlossene Schranke verwehrt den Besuchern von 18:00 bis 6:00 Uhr den Zutritt zu diesem Gelände. Tagsüber herrscht dort normaler Touristenverkehr zum Gipfel der höchsten Erhebung La Palmas. Die Aussicht von dort ist spektakulär. Auf der einen Seite blickt man in die tiefe Caldera des Vulkans und der angrenzenden Bergkette, die die Passatwolken zurückhält, wie eine gewaltige Staumauer. Im Rücken befinden sich die Teleskope der ESO, unter anderem das Gran Telescopio Canarias. Dieses Gerät ist mit einem Spiegeldurchmesser von 10,4m das größte Teleskop der Welt zur Zeit. Naja, 8 Zoll sind aber auch nicht schlecht! Wir fahren vorbei an den Kontroll- und Verwaltungsgebäuden, den Teleskopen, dem Gipfel und erreichen nach weiteren 10 Minuten einen Aussichtspunkt an der Strasse, der einen Blick in die Caldera erlaubt. Auf der anderen Seite der Strasse geht es tief in den Abgrund und in der Ferne sieht man den Atlantik, der von einer Wolkendecke überzogen scheint. Wir befinden uns über der Wolkendecke und über uns spannt sich ein wundervoller Sternenhimmel, der von einer felsigen Landschaft eingerahmt ist. Hier, auf dieser einsamen Straße, wollen wir uns niederlassen und packen die Ausrüstung auf den gepflasterten Aussichtspunkt. Es ist schon dunkel, als wir nach fast einer Stunde das Ziel erreicht haben - eine Stunde Fahrzeit für etwas mehr als 20km. Dafür befinden wir uns über 1km über den Wolken. Und wir machen die Erfahrung, dass La Palma-Touristen eine lange Unterhose einstecken sollten, zumindest wenn sie, wie wir, auf dem Roque übernachten wollen.
Der Blick in die Caldera ist überwältigend. Die Lichter der Stadt Los Llanos sind im Tal zu sehen und in weiter Ferne leuchten die Städte von Teneriffa und El Hierro. Sie sind aber zu fern, um uns zu stören. Die Wintermilchstrasse überzieht den Himmel. Sirius und Orion ziehen fast zenitnah an uns vorüber. Der Anblick des Orionnebels im Achtzöller übertrifft die Ansicht des heimischen 16-Zöllers. Im Süden erhebt sich das Sternbild des Zentauren. Omega Centauri ist freisichtig und zeigt im Teleskop tausende von nadelfeinen Sternen. Leider stört das Geländer, welches uns vor dem Absturz in die Caldera des Vulkans schützt, ein wenig bei der Beobachtung des großen Kugelsternhaufens. Nach einer Weile steigt auch Alpha Centauri über den Horizont, so dass wir den uns nächsten Stern auch beäugeln konnten. Westlich davon bemerkten wir drei hellere Sterne. Rätselraten, was das sein könnte, war angesagt. Waren es Sterne die noch zum Segel gehörten? Ein Blick in die Karte brachte Gewissheit. Die Spitze des Kreuz des Südens war gerade noch zu sehen. Mit dem Fernglas und dem Teleskop konnten wir den Sternhaufen NGC 4755, das Schmuckkästchen, erblicken.
Man spürte ein wenig die Euphorie unserer kleinen Gruppe. Von weitem näherte sich ein Auto, das anhielt. Ein Schweizer und ein Deutscher stiegen aus und begrüßten uns freundlich. Es war ja "Tag der Astronomie" und so gewährten wird den beiden einige Blicke durchs Teleskop. Einige helle Galaxien, wie M81 und M51 wurden gezeigt. Helle Kugelsternhaufen und auch offene Sternhaufen begeisterten. Krönung für die Besucher war natürlich der Saturn, der für uns ja nicht das Objekt der ersten Wahl war. Begeistert fuhren die Besucher nach einer halben Stunde wieder von dannen. Sie hatten die Kälte etwas unterschätzt. Es waren zwar noch 6 bis 7°C dort oben, aber der Wind machte sich doch bemerkbar. Dicke Jacken, Mütze und lange Unterwäsche machten den Aufenthalt aber erträglich. Es war eine seltsame Atmosphäre da oben. Im Tal konnte man beobachten, wie Wolken in die Caldera gedrückt wurden und diese langsam voll lief. Die Stadt Los Llanos war nicht mehr zu sehen. Auch auf der anderen Seite verschwand die Landschaft langsam im Wolkenmeer, das den Nordhorizont ausmachte. Im Südosten erhob sich später langsam die Milchstrasse, die zunächst flach am Horizont lag und uns wie ein gigantischer Ring umgab. Das Sternbild Skorpion und der Schütze stiegen auf und die imposanten Sternwolken des Milchstrassenbulges zeigten sich. Im Feldstecher waren viele Nebel, wie Omeganebel, Lagunennebel und Adlernebel zu sehen. Im Teleskop war es nicht weniger eindrucksvoll. Die tiefen Eindrücke hinterlassen aber die Landschaft und die Sternenlandschaft mit dem unbewaffneten Auge. Und die Stille, die man dort erfährt. Lediglich ein leichter Hauch des Windes ist zu hören. Der Himmel ist frei von Flugzeugen und die Strasse ist nächtens kaum frequentiert, was hinsichtlich der Straßenführung nicht verwunderlich ist. Es ist schon nach 5:00 Uhr und die Dämmerung macht sich bemerkbar, als wir beschließen, die Ausrüstung im Kofferraum zu verstauen. Ein letzter Blick und es geht wieder hinab ins Tal, vorbei an den Teleskopen des Roque. Es ist ein schwerer Abschied, aber bestimmt kein Abschied für die Ewigkeit!
Clear Skies, |
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